Wernher Freiherr von Braun

 

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Lebenslauf in Worten


Wernher Magnus Maximilian Freiherr von Braun  wurde am 23. März 1912 in Wirsitz, preußischer Provinz Posen geboren. Er war der zweite von drei Söhnen von Magnus Freiherr von Braun und dessen Frau Emmy. Sein Großvater und Namensgeber war Wernher von Quistorp, Gutsbesitzer und Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Sein älterer Bruder war der deutsche Diplomat Sigismund von Braun. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs musste die Familie von Braun auf ihr Landgut nach Schlesien umsiedeln.

Schon als Kind interessierte sich von Braun sehr für Musik und Naturwissenschaften. Seine Begeisterung für die Astronomie wurde von seiner Mutter geweckt, die ihm zur Konfirmation ein astronomisches Fernrohr schenkte. Mit 13 Jahren experimentierte er im Berliner Tiergarten mit Feuerwerksraketen. Als er das Buch „Die Rakete zu den Planetenräumen“ von Hermann Oberth in die Hände bekam,  bekamen die Utopien, die er aus den Abenteuerromanen von Jules Verne aufgenommen hatte, etwas Reales. Um das fachwissenschaftliche Buch verstehen zu können, strengte er sich an, seine bis dahin mäßigen Leistungen in Mathematik zu verbessern. Ab 1929  arbeitete er in Berlin-Plötzensee und im August 1930 in Berlin-Reinickendorf an Raketen mit Flüssigkeitstriebwerken.

Aufgrund guter Leistungen konnte er vorzeitig mit 18 Jahren 1930 die Abiturprüfung an der Hermann-Lietz-Schule ablegen. Von Braun studierte an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg und an der ETH Zürich *. 1932 erwarb er ein Diplom als Ingenieur für Mechanik an der TH Berlin und trat als Zivilangestellter in das Raketenprogramm des Heereswaffenamtes ein. Seine Experimente führte er auf dem Versuchsplatz des Heereswaffenamtes etwa 30 Kilometer südlich von Berlin durch. 1934 promovierte er an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin zum Dr. phil. mit einer Arbeit über „Konstruktive, theoretische und experimentelle Beiträge zu dem Problem der Flüssigkeitsrakete“. Im gleichen Jahr erreichte das von Braun konzipierte Aggregat 2, gestartet von der Nordseeinsel Borkum aus, eine Höhe von 2200 Metern.

Von 1937 bis 1945 war Wernher von Braun technischer Direktor der Heeresversuchsanstalt Peenemünde auf der Insel Usedom. Hier leitete er unter anderem die Entwicklung des Aggregats 4, kurz A4 genannt, einer Großrakete mit Flüssigtreibstoff. Im Jahr 1942 überschritt ein Prototyp erstmals eine Gipfelhöhe von mehr als 80 km, 1945 wurden 200 km erreicht. Die Rakete Aggregat 4 war damit das erste von Menschen geschaffene Objekt im Weltraum. Ab 1943 wurde die Rakete in Serie gebaut und nach ihren ersten Einsätzen auf London V2 (Vergeltungswaffe 2) genannt. 1938 trat von Braun der NSDAP bei und wurde 1940 Mitglied der SS, wo er bis zum Sturmbannführer aufstieg. 1944 wurde von Braun auf Betreiben Himmlers * von der Gestapo verhaftet. Ihm wurde Verrat und Wehrkraftzersetzung sowie Vorbereitung zur Flucht nach England vorgeworfen, was mit der Todesstrafe enden konnte. Nur seine besondere Bedeutung im Raketen-Programm half ihm freikommen.

Für die Serienherstellung der V2 wurden Häftlinge des Konzentrationslagers Dora Mittelbau * eingesetzt, die ihre Arbeit unter menschenunwürdigen Bedingungen verrichten mussten. Daher wird dieser Lebensabschnitt von Brauns von vielen Historikern sehr kritisch bewertet, da er eine Verantwortlichkeit für diese Produktion kaum abweisen konnte. In einem Schreiben aus dem Jahr 1943 forderte er 1350 Arbeitskräfte an, was  in jener Zeit KZ-Häftlinge bedeutete. Einige Insassen des Konzentrationslagers bezeugten später, ihn bei der Besichtigung der Arbeitsstätten gesehen zu haben. Von Braun selbst erklärte, dass er vom Elend der Zwangsarbeiter nichts gewusst hätte und für deren Einsatz nicht verantwortlich gewesen sei. Allerdings berichtete er 1969 in einem Interview, dass die Zwangsarbeiter in einem „erbarmungswürdigen Zustand“ gewesen waren. Nach eigenen Angaben schämte er sich damals, dass solche Dinge in Deutschland möglich waren. Im Zusammenhang mit dem Ausbau von Dora-Mittelbau und der anschließenden Fertigung der A4-Rakete und anderer Waffen kamen nach offizieller Zählung in den SS-Akten ca. 12.000 Zwangsarbeiter ums Leben. Der Einsatz der Waffe forderte insgesamt ca. 8.000 Opfer, hauptsächlich in der Zivilbevölkerung. Die V2 war somit die einzige Waffe, deren Produktion mehr Opfer forderte als ihr Einsatz. Insgesamt kamen rund 3.000 V2-Raketen zum Einsatz, rund ein Drittel davon gegen London, ebenso viele gegen Antwerpen.

Im April 1945 besetzten US-Truppen die Produktionsstätten in Bleicherode. 100 A4-Raketen wurden in die USA abtransportiert und bildeten dort die Grundlage des US-amerikanischen Raketenprogramms. Nach der Besetzung Oberbayerns durch amerikanische Truppen kontaktierte der englischsprechende Bruder Magnus von Braun mit  Amerikanern, mit deren strategischem Interesse am deutschen Raketen-Know-how man rechnen konnte. Noch zu Kriegszeiten wurden gezielt deutsche Wissenschaftler gesucht. Am 2. Mai 1945 stellte sich von Braun zusammen mit einigen Wissenschaftlern aus seinem Team den US-Streitkräften in Oberjoch, wo er Unterkunft gefunden hatte.

Mehr als hundert Raketen-Entwickler wurden im Rahmen der „Operation Overcast“ * bereits 1945 in die USA geholt. Von Braun musste sich zunächst in Fort Bliss in Texas, unter der Beaufsichtigung von US-Truppen, arbeiten. Er wurde technischer Berater des US-amerikanischen Raketenprogramms und arbeitete ab 1950 in Huntsville (Alabama) als Leiter der Redstone-Entwicklung, einer atomaren Kurzstreckenrakete der US-Army. Die Nazi-Vergangenheit der deutschen Techniker wurde dabei übersehen. Nach einer schriftlichen Verlobung reiste Wernher von Braun im Februar 1947 in das besetzte Deutschland und heiratete in Landshut seine Cousine Maria von Quistorp. 1948 wurde die Tochter Iris Careen geboren. 1949 reiste die Familie von Braun offiziell in die USA ein.

Seine Ideen der bemannten Weltraumfahrt konnte von Braun 1951 auf dem First Symposium on Space Flight darlegen, einer Konferenz, die in New York stattfand. Zwischen 1952 und 1954 veröffentlichte er zusammen mit anderen Autoren eine Serie von Artikeln in der Zeitschrift "Collier's Weekly". Damit wurde der breiten amerikanischen Öffentlichkeit die bemannte Weltraumfahrt als technisch durchführbar vorgestellt.

1955 wurde von Braun US-amerikanischer Staatsbürger. 1958 erschien von Braun mit der Bezeichnung „Missileman“ auf dem Titelbild des TIME Magazines. Zur NASA wurde er offiziell 1959 berufen. Kurz davor war dort die Entscheidung zum Bau einer großen Trägerrakete, der späteren Saturn V, gefallen. 1960 wurde von Braun zum Direktor des Marshall Space Flight Center in Alabama ernannt, eine Position, die er bis 1970 innehatte. Dort war er maßgeblich an den erfolgreichen Mercury-, Gemini- und Apollo-Programmen beteiligt. Er leitete die Entwicklung der ersten Stufe der Saturn-V-Trägerrakete, die 1961 das erste Mal gezündet wurde.

Sein größter Erfolg und Erfüllung langjähriger Träume aber war die bemannte Mondlandung im Jahre 1969. Sein sowjetischer Rivale Sergei Pawlowitsch Koroljow, der Vater der sowjetischen Raumfahrt, konnte dieses Ereignis nicht mehr erleben, weil er 1966 gestorben war.

Von 1970 bis 1972 war Wernher von Braun stellvertretender Direktor der NASA und setzte sich für eine Fortführung der Projekte ein, darunter auch für eine bemannte Mars-Mission. Enttäuscht von den starken Budgetkürzungen durch den US-Kongress verließ er 1972 die NASA und wurde Vizepräsident von "Fairchild", einem Luft- und Raumfahrtkonzern.

Dass Wernher von Braun in den USA rasch große Popularität erlangte, resultierte auch aus seinen Büchern und öffentlichen Auftritten. Bekannt machten ihn vor allem drei Fernsehproduktionen Walt Disneys: Man in Space (1955), Man and the Moon (1955) und Mars and Beyond (1957). In Kurzfilmen trat von Braun an der Seite Disneys auf und erläuterte seine Theorien. Sein Buch „Das Marsprojekt“ beeinflusste den von George Pal produzierten Science-Fiction-Film „Die Eroberung des Weltalls“.  Und bereits 1960 wurde seine Lebensgeschichte unter dem Titel „Wernher von Braun: Ich greife nach den Sternen“ als US-deutsche Co-Produktion verfilmt.

1976 trat Wernher von Braun in den Ruhestand; am 16. Juni 1977 starb er an Nierenkrebs in Alexandria, Virginia. Das Grab befindet sich auf dem Ivy Hillside Cemetery in der Nähe von Washington. Auf dem Grabstein steht der Name, Tage der Geburt und des Todes, sowie der Psalm 19,1 aus der Bibel: „Die Himmel erzählen von der Herrlichkeit Gottes; und die Ausdehnung verkündet seiner Hände Werk“.


Der begeisterte Flieger, Taucher und Segler, der auch musisch begabt war und bei Paul Hindemith Klavierunterricht hatte, stand bereits im Alter von 19 Jahren in Briefkontakt mit Albert Einstein. Er besaß eine unglaubliche physische Energie und war getrieben von seinem visionären Optimismus. Wie weit seine Raketenbesessenheit zuweilen ging, zeigt ein haarsträubender Raketentest aus dem Jahre 1944. Um die Ursache für sog. Luftzerleger der A4-Rakete herauszufinden, begab sich von Braun direkt in das Zielgebiet. Als die Rakete dann fast genau dort einschlug, wo er stand, wurde er von der Detonation in die Luft geschleudert und überlebte wie durch ein Wunder nahezu unverletzt.

   

Lebenslauf in Daten

23. März 1912 Wernher von Braun wird als Sohn des Generaldirektors der Deutschen Raiffeisenbank AG Magnus Freiherr von Braun und dessen Frau Emmy in Wirsitz geboren.
1928 Er wird Mitglied eines Vereins für Raumschiffahrt
1930 Während seines Studiums an der Technischen Hochschule in Berlin assistiert er bei Versuchen mit Flüssigkeitsraketen.
1932 Finanziert durch ein Stipendium, entwickelt und testet Braun Flüssigkeitsraketen in der Raketenversuchsstelle des Heereswaffenamts im brandenburgischen Kummersdorf. In den folgenden Jahren arbeiten dort bis zu 80 Menschen an der Raketenentwicklung.
1933 Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wird Braun Mitglied der Schutzstaffel (SS).
1934 Während seiner Promotion in Physik über "Konstruktive, theoretische und experimentelle Beiträge zu dem Problem der Flüssigkeitsrakete" stellt er seine Testergebnisse vor. Die Arbeit darf als "geheime Kommandosache" nicht veröffentlicht werden. Seine A1- und A2-Raketenmodelle, "Max" und "Moritz" genannt, erreichen eine Höhe von 2.200 Metern.
1937 Nach dem erfolgreichen Start einer A3-Rakete wird Braun Leiter der neu gegründeten Heeresversuchsanstalt in Peenemünde (Usedom). Die Entwicklung von militärisch nutzbaren Raketen wird der Luftwaffe unter Hermann Göring unterstellt. In den nächsten Jahren arbeiten dort bis zu 20.000 Menschen an der Entwicklung von Trägerraketen.
1939 Adolf Hitler informiert sich persönlich in Peenemünde über den Stand der Raketentechnik und forciert die Weiterentwicklung mit erheblichen Geld- und Materialressourcen.
1943 Die von Braun entwickelte A4-Rakete erreicht als erste Langstreckenrakete der Welt die vierfache Schallgeschwindigkeit. Im Führerhauptquartier "Wolfsschanze" (Rastenburg, Ostpreußen) erklärt Braun Hitler den neuesten Entwicklungsstand der A4-Rakete, die daraufhin als "Vergeltungswaffe 2" (V2) massenhaft produziert wird. Dazu werden in dem Außenlager Mittelbau-Dora des Konzentrationslagers Buchenwald Zwangsarbeiter für den Bau der Raketenteile eingesetzt.
1944 Mit 12.000 V2-Raketen werden die Niederlande, Belgien und London bombardiert. Unterdessen konstruieren Braun und seine Mitarbeiter schon die Modelle A9 und A10, die Ziele in den USA erreichen sollen. Er erhält von Hitler das Ritterkreuz zum Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern.
1945 Mit 500 Mitarbeitern verlässt Braun Peenemünde, um sich in Süddeutschland der amerikanischen Armee zu stellen. Diese lässt verbliebene V2-Raketen, Raketenteile, Pläne u.a. aus Peenemünde holen und in die USA transportieren. Braun und weitere 126 Mitarbeiter siedeln in die USA über und werden zuerst in Texas stationiert. Sie geben ihre raketentechnischen Kenntnisse an das amerikanische Militär weiter und testen einige der aus Deutschland mitgebrachten V2-Raketen in White Sands (New Mexico).
1947 Heirat mit Maria von Quistorp, mit der er drei Kinder hat.
1950 Wechsel zum Redstone Arsenal in Huntsville (Alabama), wo er in den folgenden Jahren die Jupiter-Trägerraketen entwickelt.
1952 Veröffentlichung von "Das Marsprojekt" und weiteren Werken, mit denen er zum bekanntesten Vertreter der Weltraumforschung wird.
1953 Die erste amerikanische Trägerrakete "Redstone" wird in Cape Canaveral (Florida) getestet.
1955 Braun wird amerikanischer Staatsbürger.
1960
Mit Gründung der "National Aeronautics and Space Administration" (NASA) wird Braun Direktor des "Marshall Space Flight Center" in Huntsville. Er konstruiert erfolgreich die Raketen des Saturn-Programms.
1962 Veröffentlichung seiner Autobiographie "Start in den Weltraum. Geschichte meines Lebens". Zu seiner Tätigkeit im nationalsozialistischen Deutschland äußert er sich kaum, hebt aber die politische Unabhängigkeit von wissenschaftlicher Arbeit hervor.
1969 Die "Apollo 11" (Modell "Saturn 5") landet als erstes Raumschiff auf dem Mond. Kurz danach entwickelt Braun die weltweit erste Weltraumstation "Skylab".
1970 Stellvertretender Direktor der NASA-Planungsabteilung in Washington (D.C.).
1972 Da der US-Kongress die Mittel für die Weltraumfahrt drastisch kürzt, verlässt Braun die NASA und wird Vizepräsident des Luft- und Raumfahrtkonzerns Fairchild Industries Inc. in Germantown (Maryland).
1975 Gründer des National Space Institute, das als private Organisation für Raumfahrt werben soll.
16. Juni 1977 Wernher von Braun stirbt an einer Krebserkrankung in Alexandria (Virginia).

 



 

 
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Концепция модуля разработана в ноябре 2009 года в рамках проекта " Виртуальная кафедра немецкой филологии"
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