Friedrich Arnold Brockhaus

 

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Lebenslauf in Worten


Friedrich Arnold Brockhaus wurde am 4. Mai 1772 als Sohn des Kaufmanns und Ratsherrn Johann Adolf Heinrich Brockhaus in Dortmund geboren. Sein Vater stammte aus einer westfälischen Pastorenfamilie und war darin der Erste, der sich nicht dem theologischen, sondern dem kaufmännischen Beruf widmete. Er hatte nach einer Lehre einen Detailhandel für «Ellen- und Spezereiwaren» in Dortmund gegründet. Ebenso wie sein älterer Bruder Gottlieb, der später das elterliche Geschäft übernahm, sollte Friedrich Arnold den kaufmännischen Beruf ergreifen. Deshalb beendete er den Besuch des Dortmunder Gymnasiums auf Wunsch seines Vaters im Alter von sechzehn Jahren und begann eine kaufmännische Lehre in Düsseldorf. Von Kindheit an war er aber nach eigener Aussage von der "Bücherwut" befallen. Nach einem Streit mit seinem Chef brach Brockhaus die Lehre in Düsseldorf ab und kehrte 1793 nach Dortmund zurück.

Zunächst machte er eine Lehre im väterlichen Detailhandel für "Ellen- und Spezereiwaren". Bald aber begann er einen anderthalbjährigen Studienaufenthalt in Leipzig. Ohne Universitätsreife nahm er als Gasthörer an Vorlesungen teil und hörte unter anderem Philosophie, Physik, Mathematik und Chemie. Daneben lernte er auch das rege buchhändlerische und literarische Leben der Messestadt Leipzig kennen. Ende 1794 kehrte er nach Dortmund zurück und gründete 1796 zusammen mit zwei Geschäftspartnern ein eigenes, auf den Handel mit englischen Manufakturwaren spezialisiertes Unternehmen «Brockhaus, Mallinckrodt und Hiltrop». Knapp drei Jahre später stand das Geschäft auf so sicherer finanzieller Grundlage, dass er Sophie Wilhelmine Arnoldine Beurhaus, die Tochter des Dortmunder Senators und Professors Johann Friedrich Beurhaus, heiraten konnte.

Nach einem Zerwürfnis mit seinem Dortmunder Geschäftspartner ging Brockhaus  1801 in die Niederlande. Die Ursache für diese Auseinandersetzung lag in dem Zusammenbruch des Londoner Bankhauses Bethmann im Oktober 1799. 1801/1802 zog er an die Amstelmündung. Mit Unterstützung seines Bruders Gottlieb und durch das Kapital mehrerer französischer Emigranten gelang es Brockhaus, erneut in den Engroshandel mit englischen Manufakturwaren einzusteigen.

Er ging nach Amsterdam, um einen Verlag zu gründen. Der 15. Oktober 1805 gilt heute als Gründungstag des Verlagshauses «F. A. Brockhaus» (heute: Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus). Seine Tätigkeit als Buchhändler und Verleger nahm mit den Jahren mehr Raum als sein sonstiges kaufmännisches Geschäft ein. Neben seiner Arbeit als Sortimentsbuchhändler widmete Brockhaus sich von Anfang an auch dem Verlagsgeschäft. Kurz nacheinander gründete er die in niederländischer Sprache erscheinende politisch-literarische Zeitung «De Ster» (dt. «Der Stern»), die deutsche zeitgeschichtliche Monatsschrift «Individualitäten aus und über Paris», sowie die französische belletristische Vierteljahrsschrift «Le Conservateur». Allen drei Projekten war kein großer Erfolg beschieden. «De Ster» fiel im August 1806 nach der Errichtung des Königsreichs Holland der Zensur zum Opfer, die «Individualitäten» mussten 1807 eingestellt werden und der «Conservateur» erschien nur anderthalb Jahre von Anfang 1807 bis 1808.

1808  suchte  Brockhaus auf der Leipziger Buchmesse nach Druckstoff. Beim Stöbern durch die Ausstellungsräume fiel ihm ein Projekt ins Auge, das ebenfalls gescheitert war: das nach sechs Bänden abgebrochene "Conversationslexikon mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten" des Gelehrten Gotthelf Löbel. Brockhaus kaufte die unvollendete Enzyklopädie für den  Spottpreis von 1.800 Reichstalern - und machte damit das Geschäft seines Lebens. Schon 1809 erschien das vollendete Werk als Conversations-Lexicon in acht Bänden. Es wurde ein Erfolg. An der fünften Auflage, die 1819 herauskam, schrieben schon rund 100 Fachgelehrte mit.  Aber Brockhaus allein suchte die Stichworte aus, benannte die Autoren, entschied, wie die Artikel erscheinen sollen. Sein Verlag trug seit 1814 den Namen des Gründers: F.A. Brockhaus.

Zum ersten Mal sollte Wissen nicht für den engen Kreis der Gelehrten zugänglich werden, sondern für das gebildete Bürgertum. "Flüssigmachung und Popularisierung der wissenschaftlichen, künstlerischen und technischen Ergebnisse, nicht für die geschäftliche Praxis, sondern für die Befriedigung und Förderung der allgemeinen Bildung" – so nannte Brockhaus diese Aufgabe. Schnell eroberte Brockhaus mit seiner Idee  das lesende Publikum. Durch den Erfolg beflügelt,  ging der Verleger mit seinem "F. A. Brockhaus" umbenannten Verlag nach Leipzig, wo er 1818 das Bürgerrecht erhielt. Eigene Druckereien kümmerten sich ausschließlich um die Produktion seines Lexikons. Bis heute sind vom "Brockhaus" 21 Auflagen erschienen.

Neben seiner enzyklopädischen Tätigkeit trat er vor allem als Verleger politisch-zeitkritischer und literaturkritischer Journale hervor,  dabei geriet er mehrmals in Konflikt mit der Zensur. In eigenen Beiträgen fungierte er sowohl als Berichterstatter – etwa von der Völkerschlacht * bei Leipzig im Oktober 1813 – wie auch als kritischer Kommentator der politischen Zeitumstände. Auf dem Gebiet der Monografien lag sein verlegerischer Schwerpunkt auf Werken zur Zeitgeschichte, Politik und Geschichte sowie auf biografischen Porträts. Darüber hinaus verlegte er 1818 das Hauptwerk des zu jener Zeit noch fast unbekannten Philosophen Arthur Schopenhauer und ab 1821 die damals heftig umstrittenen Memoiren des venezianischen Abenteurers Casanova.

Sophie Brockhaus starb 1809 an den Folgen einer Erkältung. Zu diesem Schicksalsschlag gesellte sich Anfang 1810 die Wiederaufnahme des Prozesses mit seinem früheren Geschäftspartner Hiltrop, die Brockhaus schwer zu schaffen machte. Mit den politischen Veränderungen ging auch eine Verschärfung der Handelsbestimmungen einher, die Brockhaus zwangen, für jedes seiner in Deutschland gedruckten Bücher zunächst in Paris um eine Einfuhrerlaubnis zu bitten. 1809 geriet das Unternehmen aus Mangel an Kapital an den Rand des Konkurses. In dieser Situation verließ Brockhaus Amsterdam 1810 und siedelte ins thüringische Altenburg über. Seine Kinder hatte er zuvor in Dortmund untergebracht. 1812 heiratete Brockhaus Jeanette von Zschock, mit der er weitere vier Kinder zeugte. Aufgrund von Spannungen zwischen Jeanette und Brockhaus’ Kindern aus erster Ehe gestaltete sich die Beziehung aber von Anfang an schwierig, und so wurde die Ehe schon 1821 wieder geschieden.

Brockhaus übernahm die Herausgabe der «Urania», die in seiner Altenburger Zeit einen der drei Schwerpunkte seines Verlagsprogramms bildete und mit Kupferstichen namhafter Künstler glänzte. Dabei handelte es sich um eines der zu jener Zeit äußerst beliebten «Taschenbücher für Damen», die aus einer Sammlung zeitgenössischer Prosastücke und Gedichte bestanden und für die Brockhaus Autoren wie Jean Paul *, Theodor Körner *, Friedrich de la Motte Fouqué *, Gustav Schwab *, Willibald Alexis*, Ludwig Tieck * und Joseph von Eichendorff * gewinnen konnte. Die «Urania» wurde im Zuge der Märzrevolution von 1848 * und damit erst fünfundzwanzig Jahre nach seinem Tod eingestellt.

Die zweite Auflage des Conversations-Lexikons hatte Brockhaus 1812 begonnen. Die erste Umarbeitung des Lexikons war 1818 abgeschlossen und bis zum Ende desselben Jahres waren alle zehn Bände dieser zweiten Auflage erschienen (der zehnte und letzte Band erschien Ende 1818 mit der Jahreszahl 1819). Parallel zu dieser zweiten Auflage hatte Brockhaus auch die dritte und vierte vorbereitet, sodass zum Zeitpunkt des offiziellen Umzugs nach Leipzig auch schon Teile dieser Auflagen mit neuen und überarbeiteten Texten vorlagen.

Mit den «Deutschen Blättern» verlegte er zwischen 1813 und 1816 das offizielle Nachrichtenorgan der Alliierten in den Befreiungskriegen *. In eigenen Beiträgen fungierte er sowohl als Berichterstatter – etwa von der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 – wie auch als kritischer Kommentator der politischen Zeitumstände. Mit seinen Äußerungen geriet er in das Blickfeld der Zensur und gab das Unternehmen 1816 wieder auf

Bereits seit der Ostermesse 1817 hielt sich Brockhaus dauerhaft in Leipzig auf. Er hatte seit geraumer Zeit mit dem Gedanken gespielt, neben seinem bereits 1814 in «F.A. Brockhaus» umbenannten Verlag eine eigene Druckerei zur Herstellung seines Conversations-Lexikons   zu gründen, und hatte zu diesem Zweck seinen ältesten Sohn Friedrich in eine Buchdruckerlehre nach Braunschweig geschickt. 1818 erhielt er in Leipzig das Bürgerrecht und bezog gemeinsam mit seiner Familie eine Wohnung am Leipziger Markt. Schon fünf Tage später eröffnete er seine Druckerei und ab 1819 erschienen alle Bücher seines Hauses ausschließlich unter dem neuen Verlagsort Leipzig. Das Conversations-Lexikon stellte auch weiterhin den Mittelpunkt seiner verlegerischen Tätigkeit dar, daneben widmete er sich jedoch erneut unterschiedlichen politisch-literarischen Zeitschriftenprojekten.

Seit 1818 wurde die Reihe «Zeitgenossen. Biographien und Charakteristiken» von Brockhaus herausgegeben und bildete den Hauptteil seiner journalistischen Verlagstätigkeit in Leipzig. Das Werk stellte die Biografien von damals noch lebenden oder bereits verstorbenen Personen der Zeitgeschichte vor. Die in den «Zeitgenossen» veröffentlichten Beiträge wurden unter anderem von Autoren wie Karl August Varnhagen von Ense *, Karl Friedrich Reinhard * und August Wilhelm von Schlegel * verfasst. Nach Brockhaus’ Tod wurden die «Zeitgenossen» noch bis ins Jahr 1841 fortgesetzt und erschienen damit insgesamt 25 Jahre lang ohne Unterbrechung.

Das Verlagsprogramm erweiterten außer dem «Leipziger Kunstblatt für gebildete Kunstfreunde» die beiden literarisch-kritischen Journale «Hermes oder kritisches Jahrbuch der Literatur» und «Literarisches Wochenblatt».  Der «Hermes» war von Brockhaus ursprünglich als ein Journal konzipiert worden, «welches das binnen sieben Jahren in der Kenntniss der englischen Angelegenheiten Versäumte nachholen» sollte. In den Jahren 1819 und 1831 entwickelte sich die Zeitschrift zu einem Rezensionsorgan literarischer Neuerscheinungen, zu dessen Mitarbeitern eine Reihe renommierter deutscher Professoren gehörten. Im Gegensatz zum «Hermes» war das «Literarische Wochenblatt» auf Unterhaltung ausgelegt und sprach damit ein breiteres Publikum an. Die Zeitschrift war ursprünglich 1818 von August von Kotzebue * gegründet worden und wurde nach dessen Ermordung 1819 von Brockhaus gekauft und ein Jahr später unter eigener Regie herausgegeben. Mit seiner Konzeption war das Blatt so erfolgreich, dass es – unter wechselnden Titeln – bis 1898 im Verlagsprogramm blieb. Auf dem Gebiet der Monografien lag der Schwerpunkt des Verlags auf Werken der Geschichte, Politik und auf den Biografien. Eine heftige Reaktion rief die 1821 veröffentlichte  Biographie des Venetianers Jacob Casanova. Auf dem Gebiet der Philosophie verlegte Brockhaus 1818 das Hauptwerk des damals noch nahezu unbekannten Arthur Schopenhauer.

Im April 1820 war die fünfte Auflage des Conversations-Lexikons vollendet worden. Das Werk verkaufte sich so gut, dass Brockhaus schon im September desselben Jahres den zweiten Neudruck beendete. 1821 erschien der dritte unveränderte Neudruck der fünften Auflage. Die sechste Auflage wurde zwischen 1822 und 1823 hergestellt und war damit gleichzeitig die letzte Ausgabe, die unter der Leitung des Verlagsgründers selbst entstand.

1821 kaufte Brockhaus ein großes Grundstück am Ostrand Leipzigs, das ihm zugleich als neuer Wohnsitz wie auch als Standort für sein expandierendes Unternehmen diente. Später siedelten sich in der Nähe weitere Buchhändler und verwandte Geschäftszweige an, sodass nach Brockhaus’ Tod ein neues Buchhändlerviertel entstand. Seine Söhne hatten ihn schon seit 1819 im Unternehmen unterstützt. Friedrich hatte nach einem einjährigen Auslandsaufenthalt in Paris und London im Oktober 1820 die Leitung der Buchdruckerei übernommen und war auch als Besitzer des neuen Grundstücks eingetragen worden. Sein zweiter Sohn Heinrich war bereits als Fünfzehnjähriger in das Unternehmen eingetreten und sollte wie sein älterer Bruder für ein Jahr ins Ausland gehen, als Friedrich Arnold Brockhaus Ende 1822 schwer erkrankte und die Reise auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.

Schon 1822  fühlte sich Brockhaus krank. Auf Anraten seines Arztes wollte er eine Erholungsreise nach Paris unternehmen, doch dazu kam es nicht. Von der letzten Novemberwoche an verschlechterte sich sein Zustand rapide und er setzte sein Testament auf. 1823 besuchte Brockhaus ein letztes Mal die Leipziger Ostermesse und schon Ende Juli verschlechterte sich sein Gesundheitszustand erneut.  Brockhaus starb am 20. August 1823 als elffacher Vater in Leipzig. Als er starb, besaß sein Verlag dort eine Druckerei, ein großes Verlagshaus und verlegte über 400 Werke 2007 verkündete der Verlag, den gedruckten Brockhaus einstellen zu wollen. Kaum war die Meldung verkündet, schossen die Verkaufszahlen in die Höhe und es wurden sogar Überlegungen für eine 22. Auflage angestellt. Nach seinem Tod wurde der Verlag von seinen beiden Söhnen Friedrich und Heinrich weitergeführt. Sein Sohn Heinrich schrieb kurz nach dem Tode des Vaters in sein Tagebuch: «Was er geschaffen hat, soll fortleben!» 


Der deutsche Unternehmer zählt zu den großen Verlegerpersönlichkeiten seines Jahrtausends. Mit der Enzyklopädie "Brockhaus" schuf er das bedeutendste Nachschlagewerk deutscher Sprache, das sich im Laufe seiner Geschichte zum zentralen Träger des Wissens unserer Gesellschaft entwickelte. Friedrich Arnold Brockhaus gründete mit dem Verlagshaus "F.A. Brockhaus" zugleich einen der ältesten heute noch existierenden Verlage in Europa. Dem vielseitig gebildeten Verleger, der selbst großer Verehrer des Wissens war, gelang es nicht nur das Projekt der Wissensarchivierung durch die besten Autoren seiner Zeit zu realisieren, sondern das Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich aufzustellen, das bis heute Tausende Arbeitsplätze sichert.

   

Lebenslauf in Daten

4. Mai 1772 wurde Friedrich Arnold Brockhaus in Dortmund geboren
1793 hatte Brockhaus in Leipzig studiert; aber auch eine Lehre als Kaufmann abgeschlossen. Zunächst arbeitete er als Tuchhändler.
1798 heiratete er in Dortmund Sophie Beurhaus, mit der er vier Söhne (von denen einer als Kind starb) und drei Töchter hatte
1805 gründete er unter dem Namen Rohloff & Co. eine (deutsche) Buchhandlung in Amsterdam
1808 kaufte Brockhaus auf der Leipziger Messe die Rechte auf ein  begonnenes, aber noch unvollendetes »Conservationslexicon«, das er vervollständigte und zum Schwerpunkt seines Verlages machte.
1810 zog er aus wirtschaftlichen und familiären Gründen von Amsterdam nach Altenburg.   Hier heiratete er Jeanette  von Zschock,  mit der er einen schon als Kind verstorbenen Sohn und drei Töchter hatte, von denen die erste ebenfalls als Kind starb
seit 1814 firmiert sein Unternehmen als Verlag F. A. Brockhaus
1817 ließ sich F. A.  Brockhaus in Leipzig nieder. Hier erweiterte er seinen Verlag um eine Buchdruckerei
20.08.1823 starb F. A. Brockhaus im Alter von 51 Jahren in Leipzig. Er wurde auf dem (Alten) Johannisfriedhof begraben. Sein Grab wurde in den 1920er Jahren auf den Neuen Johannisfriedhof umgebettet. Nach der Umgestaltung des Neuen Johannisfriedhofs in den 1970er Jahren wurde der Steinsockel des Grabdenkmals in das Lapidarium des Alten Johannisfriedhofs versetzt.
1872 wurde ihm ein Denkmal in Leipzig errichtet. Seit 1903 trägt eine Straße in Leipzig seinen Namen.

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