Rainer Werner Fassbinder wurde am 31. Mai 1945 in Bad Wörishofen im Allgäu geboren. Sein Vater war Arzt und seine Mutter Übersetzerin. Als er 6 Jahre alt war, ließen sich seine Eltern scheiden. Mutter und Sohn blieben in München. Kurz darauf erkrankte seine Mutter schwer und Rainer Werner Fassbinder kam in ein Kinderheim. Einen großen Teil seiner Kindheit und Jugend verbrachte er in Internaten, Heimen oder bei Verwandten. Später bezeichnete Rainer Werner Fassbinder Filme als Zufluchtsorte, die ihm in dieser Zeit Sicherheit boten. Emotionen, Subjektivität und kompromisslose Gefühle waren Eigenschaften der Melodramen, die Rainer Werner Fassbinder auch in seinen späteren Filmen zu Leitmotiven für seine Filmfiguren werden ließ.
1959 heiratete seine Mutter den Journalisten Wolff Eder. Nach etlichen Schulwechseln, mehreren Grundschulen und Gymnasien in München und Augsburg verließ Rainer Werner Fassbinder 1961 die Schule ohne Abschluss. Er zog zu seinem Vater, der wegen illegaler Abtreibungen seine ärztliche Zulassung verloren hat, nach Köln und verdiente sich dort sein Geld als Eintreiber überfälliger Mieten. Abends holte Rainer Werner Fassbinder an der Abendschule sein Abitur nach, verfasste Kurzgeschichten und Skizzen von Theaterstücken.
1963 kehrte der 18-jährige Rainer Werner zurück nach München, um an mehreren privaten Schulen Schauspielunterricht zu nehmen. Im Friedl-Leonhard-Studio lernte er seine spätere "Muse" und Lieblings-Darstellerin Hanna Schygulla* kennen. Drei Jahre später, 1966, bewarb sich Rainer Werner Fassbinder bei der neu eröffneten Deutschen Film- und Fernsehakademie in München, wurde aber nach der Aufnahmeprüfung abgelehnt. Ähnlich erging es ihm bei den Aufnahmeprüfungen für staatliche Schauspielschulen. Nach diesen Niederlagen begann Rainer Werner Fassbinder, der seinen großen Traum vom Filmemachen nicht aufgeben wollte, praktische Filmerfahrung zu sammeln. So arbeitete er unter anderem an Dokumentationen der Regisseure Max Willitzki und Bruno Jori. Seine eigenen Projekte erschienen im Winter 1966/1967, es waren die Kurzfilme „Die Stadtstreicher“ (1966), „Das kleine Chaos“ (1966) und der heute verschollene „This night“. Finanziert wurden sie ausnahmslos durch den Schauspieler Christoph Roser, dem damaligen Lebensgefährten Rainer Werner Fassbinders, der auch als Darsteller mitwirkte. Ebenfalls als Schauspieler spielte zu dieser Zeit der angehende Regisseur selbst - in Statistenrollen am Theater und in Lehrfilmen der Bundeswehr.
1967 kam Rainer Werner Fassbinder mit der experimentellen Theaterszene Münchens in Kontakt. Bei der Gruppe Action-Theater versuchte er sich zunächst als Darsteller in Peer Rabens Inszenierung der "Antigone", sein Regie-Talent wurde hier schnell erkannt und wenige Monate später war er bereits kreativer Kopf und leitende Hand des Theaters. Nach und nach integrierte Rainer Werner Fassbinder Menschen aus seinem Umfeld in die Gruppe. Auf diese Weise kamen die Schauspielerin Hanna Schygulla und die Sekretärin Irm Hermann zum Action-Theater. 1968 führte die Gruppe mit "Katzelmacher" das erste eigene Stück Rainer Werner Fassbinders auf. Wenige Monate später wurde das Theater geschlossen. Aus dem kurzfristig obdachlosen Ensemble formte sich nun das "antiteater" unter der Leitung Fassbinders. Einen Namen, auch über die Grenzen Münchens hinaus, machte sich das Theater mit innovativen Inszenierungen von Klassikern und besonderen szenischen Collagetechniken. Auch das nationale Fernsehen wurde aufmerksam: Im November strahlte die ARD einen Fernsehbeitrag über Rainer Werner Fassbinder und das antiteater aus.
Trotz der Erfolge als Theaterregisseur war und blieb sein Traum der Film. Rainer Werner Fassbinder sah das Theater als Umweg auf seinem Weg zum Ziel, den er eine Zeit lang gehen musste. 1969 drehte er mit dem antiteater-Ensemble und in privater Finanzierung seinen ersten Spielfilm, das Gangstermelodrama „Liebe ist kälter als Tod“, der auf der Berlinale link* 1969 reserviert aufgenommen wurde. Der im gleichen Jahr gedrehte Film „Katzelmacher“ wurde bei der Filmwoche in Mannheim zu seinem großen künstlerischen Durchbruch. Fassbinder erhielt zahlreiche Auszeichnungen (darunter Preis der Filmkritik, Preis der Deutschen Akademie für darstellende Künste, Bundesfilmpreis) und wurde als "Wunderkind des deutschen Films" gefeiert. Die damit verbundene Prämie von ca. 400 000 DM wurde sofort in neue Filmprojekte investiert. Vor allem seine erstaunliche Produktivität erregte Aufsehen. In den Jahren 1969/1970 entstanden zwei Hörspiele, TV-Aufzeichnungen und eigene Inszenierungen in München, Berlin und Bremen. Daneben drehte der 24jährige Fassbinder gemeinsam mit dem antiteater in diesem Zeitraum nicht weniger als neun Filme. Es wurden die Gangsterfilme „Götter der Pest, rio des Mortes“ (1970) und „Der amerikanische Soldat“ (1970), die Milieustudie „Warum läuft Herr R. Amok?“ (1970), das Melodrama „Whity“ (1971), der Revolutionsfilm „Die Niklashauser Fahrt“ (1970) fertig gestellt.
Während dieses Drehmarathons begannen Spannungen in der Gruppe um den jungen Regisseur aufzutreten. 1970 kam es zum Streit. Diese chaotischen Dreharbeiten von Rainer Werner Fassbinder erschienen dann in verdeckter Form in seinem folgenden Film „Warning vor der heiligen Nutte“ (1971. Die Idee des antiteaters als demokratische, kreative Künstlerkommune wurde dabei als Utopie enttarnt. Die Produktionen der letzten Jahre brachten Rainer Werner Fassbinder 1971 an den Rand des finanziellen Ruins. Trotzdem gründete er im selben Jahr seine erste Produktionsfirma - Tango-Film. „Händler der vier Jahreszeiten“ (1972) war der erste Film, den Rainer Werner Fassbinder ohne Rückhalt des antiteaters drehte. Auch wenn das antiteater als solches nicht mehr existierte, arbeiteten viele der ehemaligen Mitglieder, wie Hanna Schygulla, Ingrid Caven und andere an vielen weiteren Produktionen mit Rainer Werner Fassbinder zusammen.
Als Regisseur schreckte er vor einer großen Portion Pathos und Emotionen nicht zurück. Seiner Kindheitsliebe, dem Melodrama, setzte Rainer Werner Fassbinder einige Denkmäler in seinem filmischen Gesamtwerk. Er kopierte in einigen Filmen nicht einfach den von ihm so geschätzten Stil der Hollywood-Regisseure der 1950er Jahre, sondern schaffte es, ihre emotionalen Effekte durch gezielte filmische Zitate in seine Filme zu übertragen und ihnen seinen persönlichen Stempel aufzudrücken. Auch wusste Rainer Werner Fassbinder, dass das Genre des Melodramas ein großes Publikum ansprach. So wurde „Angst essen Seele auf“ (1974) trotz mehrerer Tabu-Brüche zu seinem bis dahin größten Kinoerfolg. Vorurteile waren Katalysator dieser Geschichte, in der sich die 60-jährige Putzfrau Emmi in den etwa 20 Jahre jüngeren Gastarbeiter Ali verliebte. Die zarte Beziehung der beiden wurde von ihrem sozialen Umfeld im besten Fall kritisch angesehen, im schlimmsten scharf angegriffen.
In der Spielzeit 1974/75 übernahm Fassbinder die Leitung des Theaters am Turm (TaT) in Frankfurt/Main, schied aber im Juni 1975 wieder aus. Wegen angeblicher antisemitischer Tendenzen machte Fassbinder mit dem Theaterstück „Der Müll, die Stadt und der Tod“ Furore. Die Verfilmung dieses Stücks wurde ebenfalls von konservativen Kritikern als "links-faschistisch" verurteilt, kam aber 1976 in die Kinos. Seine größte Kinoproduktion wurde mit dem Drama „Lilii Marleen“ (1981) verwirklicht. Hanna Schygulla verkörperte eine weibliche Figur der deutschen Kriegspropaganda, die mit ihrem vom Führer geliebten Lied zu Ruhm und Reichtum gelangte. Der Hintergrund der Sängerin Willie hatte jedoch nichts mit national-sozialistischer Ideologie zu tun. Seit geraumer Zeit waren sie und ihr Pianist und Komponist, der aus der Schweiz stammende Jude Robert Mendelsson, ineinander verliebt. Der Krieg, Verhaftungen und Robert Mendelssons Eltern, die Angst vor einer deutschen Spionin hatten - alle diese äußeren Faktoren führten schließlich dazu, dass das Paar getrennt wurde.
In der so genannten BRD-Trilogie zeigte und kritisierte Rainer Werner Fassbinder sein selbst erfahrenes Nachkriegsdeutschland aus den verschiedensten Blickwinkeln. Ihnen gemeinsam sind drei sehr unterschiedliche, starke Frauenfiguren. Jede dieser Frauenfiguren versucht, im Rahmen ihrer individuellen Möglichkeiten, sich eine Existenz in einer vom Krieg zerrissenen Gesellschaft zu sichern. Es beginnt mit der Arbeiterklasse, repräsentiert durch Maria Braun in „Die Ehe der Maria Braun“ (1979). In „Lola“ (1981) wird Barbara Sukowa als schöne Prostituierte zum Spielball der machtsüchtiger Männer in einer kleinstädtischen Gemeinde. Rainer Werner Fassbinders vorletzter Film, „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ (1982) beschreibt den Untergang eines ehemaligen UFA-Stars. Die schillernde Fassade ist auf einem Fundament aus Selbstbetrug und Lügen gebaut.
Neben den allgegenwärtigen melodramatischen Zügen wird Rainer Werner Fassbinder nicht zu Unrecht als "Herz" des Neuen Deutschen Films bezeichnet. Die "Stunde Null", wie das Ende des zweiten Weltkrieges häufig für Deutschland genannt wird, wird aus der Sicht des Regisseurs nicht als Neustart gesehen, weil alte Dogmen und Gesellschaftsordnungen zu tief sitzen. Ein Ausbruch auf lange Sicht ist in der deutschen Nachkriegsgesellschaft, die sich an die alten bürgerlichen Werte klammert, unmöglich. Ein normales Weiterleben allerdings auch.
Abseits der großen Produktionen für die Leinwand war der Regisseur auch häufig für das Fernsehen tätig. Eine solche Produktion ermöglichte Rainer Werner Fassbinder die Verwirklichung eines lang gehegten Wunsches: Die Verfilmung von „Berlin Alexanderplatz“ nach dem Roman von Alfred Döblin*. Das aus 13 Folgen und einem Epilog bestehende Werk galt als Meilenstein deutscher Fernsehgeschichte und wurde 1980 erstmals ausgestrahlt. Trotz seiner düsteren Grundstimmung wurde es zum Erfolg bei Publikum und Kritikern. Rainer Werner Fassbinders letzter Film „Querelle“ (1982), eine Kriminal- und Liebesgeschichte zwischen zwei Männern, wurde durch sein surreales Bühnenbild und seine stark stilisierten Figuren von vielen Zuschauern als schwer zugänglich beschrieben. Nominiert wurde der Film mit der Goldenen Himbeere für die schlechteste Filmmusik. Diese Reaktionen erlebte Rainer Werner Fassbinder nicht mehr, er starb in der Endbearbeitungsphase des Films.
Rainer Werner Fassbinder war einmal offiziell verheiratet. Die 1970 geschlossene Ehe zwischen ihm und der Schauspielerin Ingrid Caven wurde 1972 geschieden. Der Regisseur hatte auch Beziehungen zu Günther Kaufmann und dem marokkanischen Schauspieler El Hedi ben Salem. Den Tablettentod Armin Meiers, seines Lebensgefährten von 1974 bis 1978, verarbeitete der Regisseur in dem Homosexuellen-Drama „In einem Jahr mit 13 Monden“ (1978). Am 10. Juni 1982 wurde er von seiner damaligen Lebensgefährtin Juliane Lorenz in ihrer gemeinsamen Wohnung in München tot aufgefunden. Er starb an einer Überdosis Kokain. Nach seinem Tod begann seine letzte Lebensgefährtin gemeinsam mit seiner Mutter, sein Werk zu ordnen. 1986 wurde die Rainer-Werner-Fassbinder-Foundation (RWFF) gegründet. Seit 1992 leitet und verwaltet Juliane Lorenz die Stiftung, die die Rechte an Rainer Werner Fassbinders gesamter Hinterlassenschaft besitzt.