Johann Gottlieb Fichte

 


Lebenslauf in Worten


Fichte, Johann Gottlieb , wurde  am 19. Mai 1762 in Rammenau (Oberlausitz)  geboren. Er stammte aus einer armen Handwerkerfamilie. Durch die Unterstützung des Rammenauer Gutsherrn erhielt der in sehr ärmlichen Verhältnissen geborene Bandwebersohn eine bessere Schulbildung. Nach der Stadtschule Meißen besuchte er von 1774 bis 1780 die Fürstenschule in Schulpforta.

In Jena und Leipzig studierte er Theologie. Wegen großer finanzieller Not musste er das Studium dann aber abbrechen und seinen Lebensunterhalt zwölf Jahre lang als Hauslehrer an verschiedenen Orten Deutschlands verdienen. So lernte er soziale Probleme im Lande kennen, was später seine Philosophie prägte. 1788-90 war er Hauslehrer in Zürich, wo er sich mit einer Nichte Klopstocks*, Johanna Rahn, verlobte. 1791 ging er nach Königsberg, wo er sich mit dem Manuskript seiner Schrift „Versuch einer Kritik aller Offenbarung“ Kant vorstellte, der ihn sehr wohlwollend aufnahm und den Druck der Schrift vermittelte, die nach ihrem Erscheinen (1792, anonym) Kant selbst zugeschrieben wurde. Diese Schrift begründete seinen Ruhm als Philosoph. Kurze Zeit war Fichte Hauslehrer beim Grafen von Krokow bei Danzig, dann ging er (1793) wieder nach Zürich, wo er schriftstellerisch tätig war und 1793 heiratete.

Im Jahr 1794 erhielt Fichte eine Professur für Philosophie an der Universität Jena. Zu seinen Hörern gehörten dort u.a. die Gebrüder Schlegel*, Novalis*, Hölderlin* und Schelling*. Hier arbeitete er seine neue Wissenschaftslehre aus, in der er die Prinzipien für einen humanistischen, fortschrittlichen Wissenschaftsbetrieb darlegte. 1798 veröffentlichte „Philosophisches Journal“ den Aufsatz Fichtes „Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung“. Fichte bestimmte hier Gott als die sittliche „Weltordnung“ und wurde des Atheismus beschuldigt. Er erhielt einen Verweis und wurde aus dem Lehramt entlassen. 1799 ging Fichte nach Berlin, wo er öffentliche Vorlesungen hielt.

1804 unterschied er das absolute Wissen vom Absoluten und lehnte die Vorstellung einer "Welt an sich" ab. Fichte begriff alles Sein nur als Kraft- und Lichtfeld des handelnden Wissens. Neben seiner Naturphilosophie entwickelte Fichte auch eine Staatstheorie, die sozialistische Gedanken vorwegnahm. So forderte er, der Staat solle die Wirtschaft, Erziehung und Kultur zentral planen. In seiner Geschichtsphilosophie lehrte er eine grundsätzlich notwendige fünfstufige Entwicklung vom unmittelbar harmonischen Vernunftinstinkt über die Befreiung von jeglicher Autorität bis hin zur Verwirklichung voller Vernunft

1805 erhielt er eine Professur in Erlangen, wo er aber nur ein Sommersemester las. Im Jahr 1806 floh Fichte, der sich im Jahr 1793 in zwei Schriften zur französischen Revolution bekannt hatte, vor der heranrückenden napoleonischen Armee nach Königsberg, wo er seine berühmten "Reden an die deutsche Nation" verfasste. Im Jahr 1807 veröffentlichte er sie mutig in der von französischen Truppen besetzten Stadt Berlin. Fichte war vom glühenden Befürworter der Französischen Revolution zum leidenschaftlichen Napoleon-Hasser geworden und rief die Deutschen zur sittlichen Erneuerung auf.

Fichte half Humboldt bei der Gründung der Berliner Universität. 1809 wurde er Professor für Philosophie an dieser neugegründeten Universität, deren Rektor er 1811 war. Ab 1811 hatte er das Amt des ersten gewählten Rektors der Universität inne. Fichte war ein höchst national und patriotisch denkender Mann, der unerschrocken seine Ideen verfocht und durch seine aufrüttelnde Energie aktiv wirkte. Als er sich für einen gequälten jüdischen Studenten einsetzte, traf Fichte auf die Gegnerschaft praktisch aller anderen Professoren unter der Führung Schleiermachers, woraufhin er seinen Rücktritt einreichte. Als 1813 erneut ein Krieg gegen Frankreich ausbrach, meldete sich Fichte freiwillig.

Er starb am 27. Januar 1814 an einem Nervenfieber, das er sich in den Wirren der Befreiungskriege bei der Pflege seiner Frau zugezogen hatte.


"Mit uns gehet, mehr als mit irgend einem Zeitalter, seitdem es eine Weltgeschichte gab, die Zeit Riesenschritte. Innerhalb der drei Jahre, welche seit dieser meiner Deutung des laufenden Zeitabschnittes verflossen sind, ist irgendwo dieser Abschnitt vollkommen abgelaufen und beschlossen. Irgendwo hat die Selbstsucht durch ihre vollständige Entwickelung sich selbst vernichtet, indem sie darüber ihr Selbst, und dessen Selbständigkeit, verloren. Wer es einmal unternommen hat, seine Zeit zu deuten, der muß mit seiner Deutung auch ihren Fortgang begleiten, falls sie einen solchen Fortgang gewinnt; und so wird es mir denn zur Pflicht, vor demselben Publikum, vor welchem ich etwas als Gegenwart bezeichnete, dasselbe als vergangen anzuerkennen, nachdem es aufgehört hat, die Gegenwart zu sein".

   

Lebenslauf in Daten

19. Mai 1762 Johann Gottlieb Fichte wird in Rammenau bei Bischofswerda in der Oberlausitz als Sohn eines Bandwirkers geboren.
1774 Der Freiherr von Miltitz ermöglicht dem Jungen die Ausbildung in Schulpforta. Anschließend studiert er Theologie in Jena und Leipzig
1784 Fichte wird Hauslehrer in verschiedenen sächsischen Orten.
1788 Fichte geht nach Zürich, wo er sich mit einer Nichte Klopstocks, Johanna Rahn, verlobt
1790 Er gibt in Leipzig einem Studenten Unterricht in Kantischer Philosophie. Es erscheinen „Aphorismen über Religion und Deismus“.
1791 Fichte geht von Warschau, wo ihm eine Erzieherstelle in Aussicht gestellt worden war, nach Königsberg. Kant vermittelt ihm einen Verleger für seine ein Jahr später anonym veröffentlichte Schrift religionsphilosophischen Inhalts.
1792 Es erscheint „Versuch einer Kritik aller Offenbarung“. Diese Publikation macht Fichte schlagartig berühmt. Fichte ist für kurze Zeit Hauslehrer beim Grafen von Krokow bei Danzig
1793 Er geht wieder nach Zürich und heiratet Johanna Rahn. „Zurückforderung der Denkfreiheit von den Fürsten Europas“, „Beiträge zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die französische Revolution“
1794 Fichte wird Professor der Philosophie in Jena. Er hat Einfluss auf die Brüder August und Friedrich Schlegel, Novalis, Friedrich Hölderlin und F. W. J. Schelling. Es erscheint „Über den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie“, gefolgt von „Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre“. Fichte geht vom formallogischen Satz der Identität aus, in dem er das oberste, unmittelbar gewisse und keines Beweises bedürftige und fähige Prinzip einer praktischen Philosophie  verficht. Er übt Kritik an Kants „Ding an sich. „Über die Bestimmung des Gelehrten“.
1795 „Grundriss des Eigentümlichen der Wissenschaftslehre“
1796 „Grundlage des Naturrechts“.
1797 „Erste Einleitung in die Wissenschaftslehre“, „Versuch einer neuen Darstellung der Wissenschaftslehre“.
1797-98 „Das System der Sittenlehre“.
1798 In Niethammers „Philosophischem Journal“ erscheint Fichtes „Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung“.
1798/99 Der sogenannte Atheismusstreit führt zur Entlassung des Professors. Er hatte Gott in seinem Journal-Artikel als „sittliche Weltordnung“ bestimmt. Daraufhin erscheint „Appellation an das Publikum gegen die Anklage des Atheismus“.
1799 Fichte lässt sich in Berlin nieder und arbeitet als Privatgelehrter an seiner „Wissenschaftslehre“; außerdem hält er öffentliche Vorlesungen.
1800 „Der geschlossene Handelsstaat“, „Die Bestimmung des Menschen“.
1801 „Sonnenklarer Bericht über das Wesen der neueren Philosophie“, „Darstellung der Wissenschaftslehre“
1805 Fichte bekommt eine Professur in Erlangen, wo er aber lediglich ein Sommersemester liest.
1806 Nach der Niederlage Preußens im Krieg gegen Napoleon geht er, ein erklärter Gegner Napoleons, zusammen mit der preußischen Regierung nach Königsberg, um dort an der Universität zu lehren. „Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters“, „Die Anweisung zum seligen Leben“, „Über das Wesen des Gelehrten“
1807/08 Fichte hält seine berühmten „Reden an die deutsche Nation“ im von den Franzosen besetzten Berlin
1808 Fichte erkrankt schwer.
1809 Er wird Professor an der neugegründeten Berliner Universität.
1810 „Die Wissenschaftslehre in ihrem allgemeinen Umrisse“, „Die Tatsachen des Bewusstseins“.
1811 Fichte ist der erste gewählte Rektor der Universität, tritt aber vorzeitig von seinem Amt zurück.
1812 „Rechtslehre“, „Staatslehre“.
29. Januar 1814 Fichte stirbt in Berlin

 


     

 

 
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