Hermann Hesse

 

  [Photo: Hermann Hesse, um 1927] 1 1  

Lebenslauf in Worten


Hermann Hesse wurde am 2. Juli 1877 in der württembergischen Stadt Calw geboren. Sein Vater Johannes Hesse war ein deutsch-baltischer pietistischer Missionspredigers, und seine Mutter Marie die in Indien geborene älteste Tochter des Missionars. Hesse wuchs in Calw und Basel auf, bis 1890 besuchte er die Lateinschule in Göppingen. Zwei Monate nach dem im Juli 1891 bestandenen Württembergischen Landesexamen wurde er als Stipendiat in das evangelisch-theologisches Seminar der Klosterschule Maulbronn link* aufgenommen. Von dort floh Hermann Hesse 1892.

Nach einem Nervenzusammenbruch und einem Selbstmordversuch lieferten die hilflosen Eltern den Fünfzehnjährigen in eine "Anstalt für Schwachsinnige und Epileptische" ein. Das  konnte Hermann Hesse seinen Eltern nie verzeihen und sagte sich von ihnen los. Nach Aufenthalten in drei verschiedenen Heilanstalten absolvierte er 1894/95 in Calw ein Praktikum als Turmuhrmechaniker, begann 1895 eine Buchhändlerlehre in Tübingen und Basel. Ab 1899 ließ er sich als Buchhändler und Antiquar in Basel nieder. 1899 erschien sein erster Gedichtband „Romantische Lieder“ und im gleichen Jahr ein Prosaband „Eine Stunde hinter Mitternacht“. Von Basel aus  unternahm er zwei Reisen nach Italien.

1904 ermöglichte ihm der Erfolg seines ersten Romans "Peter Camenzind", seine Anstellung in einer Buchhandlung in Basel aufzugeben, die Fotografin Maria Bernoulli zu heiraten und als freier Schriftsteller mit ihr auf einen ehemaligen Bauernhof in Gaienhofen am Bodensee zu ziehen. Nach einer vier Monate langen Südostasienreise zog er mit seiner Frau und den drei Söhnen 1912 nach Bern.

Im 1. Weltkrieg war er für das Rote Kreuz tätig, um keinen Wehrdienst zu leisten. In dieser Zeit entstand auch seine Freundschaft mit dem französischen Schriftsteller Romain Rolland link*. Er wurde wegen "Kriegspsychose" aus dem Dienst entlassen und kam nach Bern. Dort war Hesse Mitherausgeber der "Deutschen Interniertenzeitung" (1916/1917) und Herausgeber des "Sonntagsboten für die deutschen Kriegsgefangenen" (1916-1919). Noch lange litt er unter Depressionen und begab sich immer wieder in therapeutische Behandlung. Auf Anraten des Psychologen veröffentlichte Hesse seine Werke zu dieser Zeit unter dem Pseudonym "Sinclair", um eine neue Wendung in seinem Leben klarzumachen. So entstanden Bücher, die vor allem für die Generation der Kriegsheimkehrer geschrieben waren.

Hermann Hesse veröffentlichte im November 1914 den Aufsatz "O Freunde, nicht diese Töne" in der „Neuen Zürcher Zeitung“. In diesem Aufsatz rief er seine Mitbürger auf, der nationalsozialistischen Polemik nicht zu verfallen.  Nach der Veröfentlichung des  Aufsatzes  attackierte ihn sogar die deutsche Presse und Freunde wandten sich von ihm ab. Nicht zuletzt durch die Schizophrenie seiner Frau, eine ernste Krankheit seines jüngsten Sohnes und den Tod seines Vaters geriet Hermann Hesse 1916 in eine psychische Krise, die er durch die Psychoanalyse bei einem Schüler Carl Gustav Jungs wieder überwand. Von 1919 an lebte er in Montagnola im Tessin, wo er malte und die Zeitschrift "Vivos Voco" gründete. Nachdem er sich 1923 von seiner in einer Heilanstalt lebenden Frau hatte scheiden lassen, heiratete er 1924 Ruth Wenger. 1931, vier Jahre nach seiner Scheidung von Ruth Wenger, vermählte sich Hermann Hesse mit der Kunsthistorikerin Ninon Dolbin.

Hesse wollte Dichter werden. Seine Wut auf die Lehrer, die ihm so übel mitgespielt haben, verarbeitete Hesse 1906 in dem Roman "Unterm Rad". 1919 erschien sein berühmter Roman „Demian“. Sein berühmtestes Werk „Der Steppenwolf“ erschien 1927 zum 50. Geburtstag. Während des Zweiten Weltkrieges (1943) wurde sein programmatisches Werk „Das Glasperlenspiel“ veröffentlicht. Die Lebenskrisen des Autors spiegelten sich in den Konflikten von Hesses Romanhelden. Wie sein Alter Ego Harry Haller im "Der Steppenwolf" trennte sich Hesse von allen bürgerlichen Zwängen, um seine innere Zerrissenheit überwinden zu können. Vor allem "Der Steppenwolf" wurde international zum Bestseller und Hesse zu einem der meistübersetzten und meistgelesenen deutschen Autoren. Die Suche nach der Freiheit, nach dem Glück, nach dem eigenen Ich bestimmten viele seiner Werke. "Sei du selbst" ist eine von Hesses zentralen Botschaften.

1926 wurde er in die Preußische Dichterakademie aufgenommen, aus der er jedoch 1930 wieder austrat. Während der nationalsozialistischen Machtergreifung lebte Hermann Hesse in Montagnola im schweizerischen Tessin. Hesse sprach sich zu dieser Zeit für jüdische und aus anderen Gründen verfolgte Autoren aus. Durch seine antinationalsozialistische Einstellung wurden seine Artikel Mitte der 1930er Jahre nicht mehr von deutschen Zeitungen gedruckt. Sein Roman "Das Glasperlenspiel" konnte erst nach der nationalsozialistischen Führung in Deutschland publiziert werden.

1946 erhielt Hermann Hesse den Nobelpreis für Literatur, aber der zurückgezogen lebende Autor blieb der Preisverleihung fern. Ein Jahr später wurden ihm die Ehrungen Ehrendoktor der Univerität Bern und Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Calw verliehen. In den folgenden Jahren veröffentlichte Hesse in laufender Folge. Er erhielt zahlreiche Ehrungen und Preise, internationale Anerkennung und Würdigung seiner Arbeiten. 1936 wurde er mit dem Gottfried-Keller link*-Preis, 1946 mit dem Frankfurter Goethe-Preis, 1950 mit dem Wilhelm-Raabe link*-Preis und 1955 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt. 1955 erfolgte seine Aufnahme in die Friedensklasse des Ordens Pour le mérite. Neben Schriftsellerei und Dichtkunst war die Malerei eine weitere Leidenschaft von Hermann Hesse. Insbesondere die Aquarelle haben es ihm angetan, bis zu seinem Lebensende hat er tausende Aquarelle geschaffen.

Hesse war seit dem Winter 1960 an Leukämie erkrankt, die von den Ärzten nicht zeitig diagnostiziert wurde. Er starb am 9. August 1962 in Montagnola.



Ein jeder Mensch hat seine Seele, die kann er mit keiner anderen vermischen. Zwei Menschen können zueinander gehen, sie können miteinander reden und nah beieinander sein. Aber ihre Seelen sind wie Blumen, jede an ihrem Ort angewurzelt und keine kann zu der anderen kommen, sonst müßte sie ihre Wurzel verlassen, und das kann sie eben nicht. Die Blumen schicken ihren Duft und ihren Samen aus, weil sie gern zueinander möchten; aber daß ein Same an seine rechte Stelle kommt, dazu kann die Blume nichts tun, das tut der Wind, und der kommt her und geht hin, wie und wo er will.

 
 
Wir verlangen, das Leben müsse einen Sinn haben - aber es hat nur ganz genau so viel Sinn, als wir selber ihm zu geben imstande sind.
 
 

Was blickst du träumend ins verwölkte Land?
Ich gab mein Herz in deine schöne Hand.
Es ist so voll von ungesagtem Glück,
So heiß – hast du es nicht gefühlt?

Mit fremdem Lächeln gibst du mir's zurück.
Ein sanfter Schmerz... Es schweigt. Es ist gekühlt.

 
 

Es führen über die Erde Strassen und Wege viel,
Aber alle haben dasselbe Ziel,
Du kannst reiten und fahren, zu zweien und zu dreien...
Den letzten Schritt musst du gehen allein.

Drum ist kein Wissen, noch Können so gut,
Als daß man alles Schwere Alleine tut.

   

Lebenslauf in Daten

2. Juli 1877 Hermann Hesse wird als Sohn des pietistischen Missionars Johannes Hesse und dessen Frau Marie (geb. Gundert) in Calw geboren.
1891 Er wird als Stipendiat in das evangelische Klosterseminar Maulbronn aufgenommen. Sieben Monate später flieht er, weil er nach eigenen Angaben "entweder Dichter oder gar nichts werden" will.
1893 Kurz nach dem Bestehen des Einjährigen-Examens (Mittlere Reife) verläßt er das Cannstatter Gymnasium.
1895 Hesse schließt eine Lehre als Turmuhrenmechaniker ab und beginnt eine zweite als Buchhändler in Tübingen. Erste literarische Arbeiten entstehen.
1898 Hesses erste Lyriksammlung "Romantische Lieder" erscheint.
1899 Hesse veröffentlicht Prosastücke unter dem Titel "Eine Stunde hinter Mitternacht".
1899-1903 Er arbeitet als Buchhändler und Antiquar in Basel.
1904 Der literarische Durchbruch gelingt ihm mit dem zivilisationskritischen Entwicklungsroman "Peter Camenzind". Er heiratet die Basler Photographin Maria Bernoulli. Aus der Ehe gehen drei Söhne hervor.
1904-1912 Hesse lebt als freier Schriftsteller mit seiner Familie in einem Bauernhaus in Gaienhofen am Bodensee.
1906 In der Erzählung "Unterm Rad" verarbeitet er eigene Schulerfahrungen und Jugendkrisen.
1907-1912 Zusammen mit Albert Langen (1869-1909), Ludwig Thoma (1867-1921) u. a. gibt Hesse die linksliberale Zeitschrift "März" heraus. Er betreut den belletristischen Teil.
1911 Hesse bereist mehrere Monate mit dem Maler Hans Sturzenegger (1875-1943) Ceylon, Singapur und Sumatra, die Wirkungsstätten seines in der Mission tätigen Vaters wie seines Großvaters. Seine Hoffnung auf spirituell-religiöse Inspiration erfüllt diese Reise nach eigener Aussage nicht, dennoch wirkt sie auf sein weiteres literarisches Werk.
1912 Übersiedlung mit der Familie nach Bern.
1914 Bei Beginn des Ersten Weltkriegs  arbeitet Hesse in der Kriegsgefangenenfürsorge. Unter dem Eindruck dieser Tätigkeit spricht er sich öffentlich gegen patriotische Kriegsdichtung aus und wird deshalb von rechtsstehenden Publizisten zum Vaterlandsverräter erklärt. Daraufhin reift bei Hesse der Entschluß heran, sich um die schweizerische Staatsbürgerschaft zu bemühen
ab 1916 Der Tod seines Vaters, eine schwere Erkrankung seines Sohnes Martin, die ausbrechende Schizophrenie seiner Ehefrau und nicht zuletzt die Enttäuschung über das politische Versagen vieler Künstler und Intellektueller angesichts des Kriegs führen Hesse in eine tiefe Krise. Er unterzieht sich daraufhin einer Psychoanalyse bei einem Schüler von Carl Gustav Jung. Diese Erfahrungen fließen in den Roman "Demian" (1919) ein. Erste malerische Arbeiten entstehen.
ab 1919 Hesse übersiedelt ohne seine Familie nach Montagnola im Tessin, wo er den Rest seines Lebens verbringt. In zahlreichen Publikationen und in Antworten auf Leserbriefe wendet sich Hesse an die deutsche Jugend in der Hoffnung, Deutschland geistig zu erneuern und einen weiteren Krieg zu verhindern.
1922 Der Roman "Siddharta" erscheint.
1923 Hesse erhält die schweizerische Staatsbürgerschaft. Scheidung von seiner Frau.
1924 Ehe mit Ruth Wenger. Die Verbindung wird 1927 geschieden.
1926 Hesse wird in die Preußische Akademie der Künste gewählt
1927 Der Roman "Steppenwolf" wird veröffentlicht.
1930 Der Roman "Narziß und Goldmund" erscheint.
1931 Heirat mit der Kunsthistorikerin Ninon Dolbin (geb. Ausländer). Beginn der Arbeit am "Glasperlenspiel". Austritt aus der Preußischen Akademie der Künste aus politischen Gründen.
1933-1945 Obwohl Hesse keine politischen Aufrufe unterzeichnet, lässt er in seinen Privatbriefen und literarischen Kritiken keinen Zweifel an seiner Ablehnung des NS-Regimes. Er dient zahlreichen Künstlern, die aus Deutschland fliehen, als erste Anlaufstation.
1942 Er gibt sein lyrisches Werk gesammelt heraus.
ab 1943 Nach dem Erscheinen des "Glasperlenspiels" zieht sich Hesse aufgrund seines schlechter werdenden Gesundheitszustandes, vor allem wegen seiner zunehmenden Sehschwäche, weitgehend aus dem literarischen Leben zurück.
1946 Hesse erhält den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt/Main. Er wird für sein Lebenswerk mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.
1947 Ihm wird die Ehrendoktorwürde der Universität Bern verliehen.
1955 Hesse erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
9. August 1962 Hermann Hesse stirbt in Montagnola.

         

 

 
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