Carl Gustav Jung

 

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Lebenslauf in Worten


Der am 26. Juli 1875 in Kesswil am Bodensee (Schweiz) geborene Sohn eines protestantischen Geistlichen entwickelte während seiner einsamen Kindheit den Hang zum Träumen und Phantasieren, was seine spätere Arbeit stark beeinflussen sollte. 

Nachdem er 1902 sein Studium der Medizin an den Universitäten von Basel und Zürich abgeschlossen hatte, begann er seine Arbeit über die Assoziation von Wörtern mit einem breiten Hintergrundwissen in den Bereichen Biologie, Zoologie, Paläontologie und Archäologie. Diese Untersuchungen von Reaktionen eines Patienten auf Reizwörter offenbarten das, was Jung als Komplexe bezeichnete. Ein Wort, das seitdem zu einem Universalbegriff geworden ist. Die Studien brachten Jung internationale Anerkennung und führten zu einer engen Zusammenarbeit mit Freud.

1900 war er als Assistent von Eugen Bleuler link* im Burghölzli psychiatrisch tätig. Seine Dissertation von 1902 schrieb er zum Thema „Zur Psychologie und Pathologie sogenannter occulter Phänomene“. Danach war er für ein halbes Jahr bei Pierre Janet in Paris tätig. 1903 heiratete er Emma Rauschenbach. 

Ab 1905 wurde er Dozent für Psychiatrie an der Universität Zürich und konnte sich mit umfangreichen diagnostischen Assoziationsstudien habilitieren, denen er 1907  seine Arbeit „Über die Psychologie der Dementia Praecox“ folgen ließ.. 1909 gab er die Tätigkeit in Burghölzli wegen Zerwürfnissen mit Bleuler auf. Die erste Begegnung mit Freud fand 1907 statt. Fortan beschäftigte er sich mit Freuds Werk und Arbeit als Psychoanalytiker. 1909 wurde Jung Redakteur des „Internationalen Jahrbuchs für psychologische und psychotherapeutische Forschung“. Von 1910 bis 1914 war er Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung.

Mit der Veröffentlichung von „Über die Psychologie des Unbewußten“ im Jahre 1912 erklärte Jung seine Unabhängigkeit von Freuds begrenzter sexueller Interpretation der Libido, indem er die engen Parallelen zwischen antiken Mythen und psychotischen Phantasien zeigte und die menschliche Motivation mit einer größeren schöpferischen Energie beschrieb. In demselben Jahr publizierte er auch sein Buch „Wandlungen und Symbole der Libido“, das zum Bruch mit Freud führte, da Jung darin Freuds Libidotheorie kritisierte. Jung gab seinen Vorsitz der „Gesellschaft für Psychoanalyse“ auf und gründete eine Bewegung, die man analytische Psychologie nannte.

1913 gab Jung seine Lehrtätigkeit an der Universität Zürich auf und war bis auf Unterbrechungen durch ausgedehnte Reisen in den zwanziger Jahren, vor allem nach Afrika und Asien, in eigener Praxis tätig, publizierte weiter seine Überlegungen und Ansichten, die er  „Analytische Psychologie oder Komplexe Psychologie“ nannte.

1921 veröffentlichte er eine seiner wichtigsten Arbeiten, „Psychologische Typen“. In dieser Arbeit wurden das Verhältnis zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten erörtert und die heute allgemein bekannten Persönlichkeitstypen des extrovertierten und des introvertierten Menschen zum ersten Mal vorgestellt. In den folgenden Jahren widmete er sich seinen Studien, die er zwischen 1921 und 1926 mit Forschungsreisen ausfüllte, um archaisch lebende Gesellschaften kennen zu lernen wie die Pueblo-Indianer in Nordamerika und einige Stämme in Afrika. Seine Theorien entwickelte und verfeinerte Jung, wobei er sich auf seine Kenntnisse der Mythologie und der Geschichte, auf Erlebnisse aus seinen Reisen nach New Mexico, Indien und Kenia und vor allem auf die Träume und Phantasien seiner Kindheit stützte

Sein Ruf führte dazu, dass er 1929 eingeladen wurde, eines der Hauptreferate auf dem  Jahreskongress der „Allgemeinen Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie“ (AÄGP) zu halten. Ein Jahr später wurde er als 2. Vorsitzender in den Vorstand dieser bedeutenden Vereinigung gewählt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten fiel ihm wegen des Rücktritts des bisherigen Vorsitzenden der Vorsitz zu, gleichzeitig wurde er dadurch formaler Herausgeber des „Zentralblatts für Psychotherapie“. Als Präsident trug Jung ab 1934 bis zu seinem Rücktritt im Jahre 1939 dazu bei, die ursprüngliche und europaweite Bedeutung der AÄGP unter der Bezeichnung "Überstaatliche" und ab 1935 „Internationale Allgemeine Ärztliche Gesellschaft für Psychotherapie“ weiter aufrecht zu halten. Seine Präsidentschaft der IAÄGP wurde vielfach kritisiert und brachte ihn in den Verdacht des Antisemitismus.

In der Schweiz nahm er 1933 an der ETH Zürich wieder seine Lehrtätigkeit auf, die er bis 1942 fortführte. Ab 1944 war er Professor in Basel. In seinen letzten Lebensjahren führte er Forschungen über seine Theorie des kollektiven Unbewussten und die Bedeutung der Religion für die Psyche durch. Jungs therapeutischer Ansatz zielte auf eine Wiedervereinigung der verschiedenen Persönlichkeitszustände ab, die er nicht nur in die Gegensätze introvertiert und extrovertiert gespalten glaubte, sondern auch in die Gegensätze von Wahrnehmung und Intuition bzw. Gefühl und Denken. Durch das Verständnis der Art und Weise, wie sich das persönliche Unbewusste in das kollektive Unbewusste einfügt, könne ein Patient den Zustand der Individuation oder Ganzheit des Selbst erreichen.

Jung veröffentlichte zahlreiche Schriften, vor allem über analytische Methoden und die Beziehungen zwischen Psychotherapie und religiösem Glauben.  Jung starb am 6. Juni 1961 mit 85 Jahren in Küsnacht bei Zürich. Seine letzte Veröffentlichung trug den Titel "Zugang zum Unbewussten“. Populär wurde sein 1964 zunächst auf Englisch herausgebrachtes Buch „Der Mensch und seine Symbole“, das seit 1968 auch in vielen Sonderausgaben erschien.

Gustav Jung hat mit seinem Werk nicht nur die Psychotherapie, sondern auch die Psychologie, Theologie, Völkerkunde, Literatur und Kunst beeinflusst. In die Psychologie sind vor allem seine Begriffe Komplex, Introversion, Extraversion und der des Archetypus eingegangen. Das Ich sieht Jung lediglich als einen Komplex unter vielen anderen an. Es ist aber gleichzeitig das Zentrum des Bewusstseins. Als extravertiert bezeichnete er einen Menschen, dessen Verhalten auf die äußere objektive Welt ausgerichtet und von ihr geleitet wird. Introvertierte Menschen sind dagegen auf ihre innere subjektive Welt ausgerichtet und verhalten sich dementsprechend.

 


Alle diese Eigenschaften wie Lächerlichkeit, Gemeinheit, Dummheit, Lügenhaftigkeit und diese abscheuliche Eigenliebe kannte ich nur zu gut aus mir selbst, d. h. aus jener Persönlichkeit Nr. 1, dem Schuljungen von 1890. Daneben gab es jedoch einen Bereich, wie einen Tempel, in dem jeder Eintretende gewandelt wurde. Von der Anschauung des Weltganzen überwältigt und seiner selbst vergessend konnte er nur noch wundern und bewundern. Hier lebte “der Andere”, der Gott als ein heimliches, persönliches und zugleich überpersönliches Geheimnis kannte. Hier trennte nichts den Menschen von Gott. Ja, es war, wie wenn der menschliche Geist zugleich mit Gott auf die Schöpfung blickte.

 
 

Lebenslauf in Daten
26. Juli 1875 Carl Gustav Jung wird im schweizerischen Kesswil, Kanton Thurgau, als Sohn eines evangelischen Pfarrers und seiner Frau geboren. Vom gleichnamigen Großvater wird in der Familie die Legende überliefert, dass dieser ein natürlicher Sohn des Dichters Johann Wolfgang von Goethe gewesen sei. Der Großmutter wurden mediale Fähigkeiten nachgesagt.
1884 Er beginnt das Gymnasium in Basel zu besuchen.
1892 Seine Jugend hindurch hat Jung immer wieder mit depressiven Verstimmungen zu kämpfen. Als er beginnt sich mit Philosophiegeschichte, mit Schopenhauer und Kant zu beschäftigen, hellt seine Gemütslage sich auf. Die Lektüre Schopenhauers inspiriert ihn auch zur Beschäftigung mit fernöstlichen Lehren. C.G. Jung später taoistische Elemente in seine Therapiekonzept integrieren.
1895 An der Universität Basel schreibt Jung sich zum Studium der Naturwissenschaften, später der Medizin ein.
1896 Jungs Interesse an okkulten Phänomenen manifestiert sich in spiritistischen Sitzungen mit seiner medial begabten Cousine Helene Preiswerk. Solche Séancen waren zur damaligen Zeit nichts Ungewöhnliches.
1900 Als Bester seines Jahrgangs besteht Carl Gustav das Staatsexamen. Er tritt eine Assistenzstelle an der psychiatrischen Klinik Burghölzl bei Professor Eugen Bleuler an. Er beschäftigt sich mit den zeitgenössischen Arbeiten des Begründers der Psychoanalyse, Sigmund Freud. Dessen Ausführungen zu Traum und Hysterie prägen ihn in dieser Lebensphase.
1902 Er schreibt seine Dissertation zum Thema "Zur Psychologie und Phatologie sogenannter okkulter Phänomene".
1903 Jung heiratet Emma Rauschenbach, die Tochter von Bekannten der elterlichen Familie. Mit ihr wird er fünf Kinder haben.
1905 An der Universität Zürich nimmt Jung eine Stelle als Privatdozent an
1907 Jung besucht Sigmund Freud in Wien. Die beiden kennen sich durch einen von Jung ausgehenden Briefwechsel bereits ein Jahr.
1908 Die Klinik Burghölzl, an der Jung immer noch arbeitet, legt ihm nahe zu gehen. Grund sind seine eigenen Forschungen, die nach Meinung der Klinikleitung zuviel seiner Zeit und Energie in Anspruch nehmen. Jung eröffnet eine eigene Praxis in einem neuerbautem Haus in Küsnacht bei Zürich
1910 Die "Internationale Psychoanalytische Vereinigung" wird in Nürnberg gegründet. Jung wird ihr Präsident und bleibt dies bis 1914.
1911 Seine Ehe kriselt, denn Jung unterhält schon seit einiger Zeit Verhältnisse zu Patientinnen.
1912 Durch das Erscheinen von Jungs "Wandlungen und Symbole der Libido" kommt es zum Bruch der mittlerweile angespannten Beziehung zu Freud, dessen Libidotheorie er im Buch kritisiert
1913 Jung beendet die Lehrtätigkeit an der Universität Zürich. Seither nennt er seine Fachrichtung "Analytische Psychologie" oder "Komplexe Psychologie".
1920 Jung bereist Nordafrika um "den Europäer einmal von außen zu sehen".
1921 In "Psychologische Typen" unterscheidet er zwischen introvertierten und extravertierten Menschen. Diese Unterscheidung findet schnell Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch.
1924 Für fast zwei Jahre geht Jung auf Reisen: seine Studien führen ihn erst nach Nordamerika, später wieder einmal nach Afrika, in den Sudan und nach Ägypten.
1933 Er übernimmt die Präsidentschaft in der "Allgemeinen Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie". Die beginnende Herrschaft der Nationalsozialisten veranlasst ihn zu opportunistischen, teilweise antisemitischen Äußerungen, wofür Herbert Marcuse, Erich Kästner, Ernst Bloch und Erich Fromm ihn kritisieren. Im selben Jahr erhält Jung eine Anstellung an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, die ihn 1935 zum Titularprofessor ernennt
1939 Carl Gustav Jung kandidiert für die Schweizer Nationalratswahlen, erhält aber nicht genügend Stimmen. Als Freud im selben Jahr stirbt verfasst Jung einen Nachruf, in welchem er ihn einerseits würdigt, andererseits aber noch einmal deutlich kritisiert.
1940 Jungs Schriften werden in Deutschland verboten.
1944 Er wird als ordentlicher Professor für Medizinische Psychologie nach Basel berufen, muss den Lehrauftrag aus gesundheitlichen Gründen jedoch bald zurückgeben.
1955 Am 27. November stirbt Emma Jung
6. Juni 1961 stirbt C. G. Jung nach wochenlanger Krankheit in seinem Haus im schweizerischen Küsnacht.

         

 

 
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