Carl Joseph Meyer wurde am 9. Mai 1796 in Gotha geboren. Sein Vater, Johann Nicolaus Meyer war Schuhmacher in Gotha, der später sein Unternehmen zu einer industriellen Fertigung ausweiten konnte. Die Mutter war Tochter eines Strumpfwirkers in Gotha. Joseph verlebte seine Kindheit zusammen mit seinem vier Jahre jüngeren Bruder August in einem kleinen Haus in der Stadtmitte Gothas. Der Vater wollte beide Söhne ans Gymnasium schicken, der ältere sollte später das Geschäft übernehmen, dem jüngeren stand ein theologisches Studium bevor. Im Gymnasium fiel Joseph durch sein ungestümes Wesen auf und musste das Gymnasium ohne Abschluss verlassen.
Die Eltern schickten ihn 1807 in die kleine Gemeinde Weilar in der Rhön zum Pfarrer und Schulinspektor Salomo Grobe, der dort ein Schulpensionat nach philanthropischen Grundsätzen leitete. Hier verbrachte Joseph 2 Jahre und begann im Jahre 1809 die Lehre zum Kaufmann. Die Ausbildung bekam er bei einem Geschäftsfreund des Vaters in einer Kolonialwarenhandlung in Frankfurt-am-Main. Hier zeigte sich schon sein Ehrgeiz und der Wille zum Lernen und zur Arbeit. Die Ausbildung war im Jahr 1813 beendet und Meyer kehrte nach Gotha zurück. In Gotha hatte der Vater sein Geschäft inzwischen erheblich vergrößert. Doch Meyers jugendlicher Tatendrang war mit der Arbeit im väterlichen Geschäft kaum befriedigt.
Ernst Wilhelm Arnoldi
link*, der später die „Gothaer Feuerversicherungsbank“ und die „Gothaer Lebensversicherungsbank“ gründete, bemerkte den ehrgeizigen jungen Mann und half ihm, eine Kontorstelle in einem großen Handelshaus zu bekommen. Durch Arnoldis Vermittlung wurde Meyer dem Herzog August von Sachsen-Gotha vorgestellt, der sich für die Pläne des jungen Mannes interessierte. Meyer erhielt eine Volontärstelle bei dem Londoner Ex- und Importgeschäft von Eybe und Schmaeck und wurde vom Herzog beauftragt, aus den Versteigerungen der Ostindischen Kompanie Seltenheiten für dessen orientalisches Kabinett zu erwerben. Im Sommer 1817 begann Joseph Meyer seine Tätigkeit in London.
In England machte er die Laufbahn eines Großkaufmanns. Sein Wirken war vor allem auf Spekulationsgeschäfte gerichtet. Er war reich, verlor aber alles bei einer Kaffeespekulation und trieb sein Unternehmen in den Bankrott. Völlig ruiniert floh er 1820 aus London, um dem Schuldturm zu entkommen. Herzog August war auch durch diese Spekulation in finanzielle Bedrängnis geraten und zog das Geld von Meyers Vater ein.
Joseph Meyer ging 1820 nach Weilar zu Salomo Grobe, wo er neuere Sprachen unterrichtete. Hier verliebte er sich in die Tochter des Pfarrers und Freundes, Hermine Grobe. Im Herbst 1820 fand die Verlobung statt. Meyer blieb in Weilar und befreundete sich mit Chrwaroph Freiherr von Boyneburg-Lengsfeld, mit dem er 1821 die „Freiherllich von Boyneburgische Gewerbs- und Hülfsanstalt“ gründete. Boyneburg überließ Meyer die Unternehmensführung. Meyer förderte die ortsansässige Garnbleiche und Färberei und versuchte industrielle Strukturen einzuführen, was ihm aber nicht gelungen war. Boyneburg griff ein 1824 war die Fabrik geschlossen.
1824 kehrte Meyer zum zweiten Mal gescheitert nach Gotha zurück. Er entschloss sich, es mit dem Beruf des Literaten zu versuchen, weil er schon früher einige Stidien veröffentlichte. 1823 erschien seine volkswirtschaftliche Studie „Über Papiergeld“, wo er sich in die Debatte über die Einführung des Papiergeldes im Herzogtum Sachsen-Weimar einmischte. In der Henningschen Buchhandlung in Gotha wurde er auf Grund seiner unternehmerischen Erfahrungen und Englischkenntnisse angestellt und mit der Herausgabe eines Korrespondenzblattes für Kaufleute beauftragt. Dieses Blatt erschien ab dem 1. Mai 1824 wöchentlich und wurde ein großer Erfolg. Die Herausgabe von Shakespeare-Ausgaben bereitete allerdings Schwierigkeiten, da Meyers Übersetzungen nicht von allen anerkannt wurden.
1825 heiratete Meyer Hermine Grobe. Sie zogen nach Gotha, wo er in der damaligen Erfurter Vorstadt ein Grundstück erwarb. 1826 wurde den Eheleuten der Sohn Hermann Julius, sechs Jahre später die Tochter Meta in Hildburghausen geboren. Nach der Geburt des Sohnes entschloss sich Meyer, ein eigenes Verlagsunternehmen zu gründen, und am 1. August 1826 wurde das Bibliographische Institut in Gotha eröffnet. Zur Eigentümerin wurde Hermine Meyer, Joseph Meyer begnügte sich mit der Rolle eines Geschäftsführers. Seine gescheiterten Spekulationsgeschäfte hatten ihn vorsichtig gemacht und er wollte mit diesem Schritt sicher gehen.
1826 gab Meyer die „Bibliothek der deutschen Klassiker“ in 150 Bändchen heraus, zu niedrigen Preisen und mit hohen Absatzzahlen. Kurz darauf folgte eine ebenso erfolgreiche Atlanten-Serie. Als einer der ersten deutschen Verleger verkaufte Meyer seine Bücher über das Subskriptionsverfahren. Bald verstand Meyer, dass das Unternehmen in Gotha für seine weitschweifenden Pläne zu klein war. Er wollte dem eigentlichen Verlag einen technischen Betrieb mit Druckerei und Buchbinderei anzufügen und sah sich nach geeigneten Gebäuden um. Im Jahre 1828 schrieb Meyer an den Meininger Herzog, dass sein Institut ein Unternehmen mit Weltgeltung werden könnte. Bernhard II. gehörte zu den progressiven Fürsten, und so wurde der Vertrag „Se. Herzoglichen Durchlaucht“ mit „Frau Minna Meyer“ abgeschlossen.
Das Bibliographische Institut siedelte 1828 nach Hildburghausen und bezog das so genannte „Brunnquellsche Palais“. Meyer verlegte hier die „Cabinettsbibliothek“ und die „Miniaturbibliothek der deutschen Klassiker“. Hier erfuhr auch die dritte Ausgabe der billigsten Klassiker-Hefte in den Jahren 1848-1854 eine einzigartige Neuauflage. Diese dritte Ausgabe der billigen Reihe erschien unter dem Namen „Meyers Groschenbibliothek“ und unter dem Motto „Bildung macht frei“. Das Unternehmen wurde außerordentlich erfolgreich, es hatte Niederlassungen in Amsterdam, New York und Philadelphia. Joseph Meyers Wirken machte das Bibliographische Institut zu einem bedeutenden Zentrum in ganz Deutschland. Meyer zählt ohne Zweifel zu den bedeutendsten deutschen Verlegern der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das „Große Meyersche Coversationslexikon“ in 52 Bänden zählt zu den wichtigsten Bucherscheinungen dieser Art in der Geschichte der Enzyklopädie des 19. Jahrhunderts. Er bestimmte die Vermittlung von Wissen mit einer entsprechenden Erziehung der Bürger als zein Hauptziel.
Joseph Meyer entschloss sich 1832, politische Schriften zu veröffentlichen. Er brachte in seinem Verlag „Der Volksfreund“ heraus und berichtete ausführlich über die Kundgebungen von Liberalen und Demokraten auf der Schlossruine der Maxburg bei Hambach. „Der Volksfreund“ wurde schnell zum Sprachrohr für die Ideen der Einheit und Freiheit des deutschen Volkes und wurde nach einigen Monaten vom Deutschen Bundestag verboten. Ein Jahr nach dem Verbot brachte Joseph Meyer eine neue Zeitschrift heraus, die „Meyer's Universum“ hieß. Meyer schrieb alle Beiträge in Form von Essays persönlich im Laufe von einigen Jahrzehnten.
Seit 1837 beschäftigte sich Meyer mit Projekten zum Bau von Eisenbahnen und der Eröffnung von Bergwerken. 1835 war es zur Eröffnung der Eisenbahnstrecke Nürnberg-Fürth gekommen. 1846 trat Meyer mit einem Plan eines „Deutschen Central-Eisenbahn-Netzes“ an die Öffentlichkeit, aber die Wirtschaftskrise und die revolutionären Ereignisse ließen Meyer auf seinen Plan verzichten. 1837 erhielt er die Konzession für den Abbau von Mineralien im Herzogtum Sachsen-Meiningen. Ein weiteres Unternehmen Meyers war die Gründung einer auf 2 Millionen Taler Stammkapital veranschlagten Aktiengesellschaft unter der Firma „Deutsche Eisenbahnschienen-Compagnie“.
Unter dem Eindruck der Februarrevolution 1848 in Frankreich forderte Joseph Meyer in einer Petition an den Herzog von Sachsen-Meiningen die Einrichtung eines deutschen Volksparlaments, Schaffung der deutschen Staatsbürgerschaft, Rede- Schrift- Glaubens- und Versammlungsfreiheit. Zu den weiteren Forderungen gehörten auch gleiches Gewicht, Maß, Münze, Post- und Eisenbahntarif; unentgeltlicher Schulunterricht für das ganze Volk; Wahlfreiheit, Totalreform der Staatsverwaltung. Eine der ersten Maßnahmen des Herzogs von Sachsen-Meiningen in der bürgerlichen Revolution war die Aufhebung der Zensur. Meyer entwickelte sich im Laufe der Revolution zum konsequenten revolutionären Demokraten. 1851 wurde er wegen Majestätsbeleidigung für vier Wochen ins Hildburghäuser Gefängnis untergebracht. 1852 wurde er nochmals für drei Monate gefangengenommen.
Der Verlag lief aber weiterhin erfolgreich. 1855 gründete Joseph Meyer die „Meyers Geschichtsbibliothek für allgemeine Kunde des Kultur- und Völkerlebens“. In einem seiner letzten Essays im Universum schrieb er: „Bildet das Volk, um das Vaterland zu retten, und mit demselben rettet ihr die Freiheit“. Meyer arbeitete unermüdlich an der Verwirklichung seines vielseitigen Verlagsprogramms. Nach einem Aufenthalt in seinem Berggarten wurde er vom Regen überrascht, zog sich eine Lungenentzündung zu, an der er am 27. Juni 1856 in Hildburghausen starb.
Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Herrmann Julius die Leitung des Bibliographischen Instituts. Er erkannte die Neubearbeitung des Lexikons als wichtigste Aufgabe und beschloss eine Kürzung seines Umfangs auf nunmehr fünfzehn Bände. Seine Erben verlegten den Verlagssitz nach Leipzig, wo 1880 der Duden zum ersten Mal veröffentlicht wurde. Heute ist der Verlag ein Teil des Brockhaus-Verlags und noch immer steht die Marke Meyers für große lexikalische Kompetenz. Zwar erscheinen keine Großwerke mehr, aber im Bereich der jugendlichen Taschenlexika kommt im Herbst dieses Jahres eine von Udo Lindenberg gestaltete 24-bändige Neuauflage auf den Markt.