Friedrich Nietzsche wurde am 15. Oktober 1844 in Röcken bei Lützen in Sachsen als Sohn des Pfarrers Carl Ludwig Nietzsche geboren. 1849 zog sich der Vater eine Gehirnerkrankung zu und starb daran. Nach dem Tod des Vaters zog die Familie, die aus Großmutter, Mutter und den Kindern Friedrich und Elisabeth bestand, nach Naumburg. Dort erhielt Nietzsche seine Schulausbildung. Friedrich fand in der neuen Umgebung nur schwer Kontakt. Von seinen Mitschülern wurde er als der 'kleine Pastor' verspottet. Nietzsche reagierte darauf schon als Kind auf zwei charakteristische Arten: Einmal entwickelte er eine Form der Distanz, der zweite Ausweg war das Eingehen von intensiven Freundschaften. Nietzsche begann schon früh eine Art Freundschaftskult zu entwickeln.
Gemeinsam mit seinen Freunden besuchte Friedrich Nietzsche ab Ostern 1850 die Knabenbürgerschule am Topfmarkt. Die Liebe zur Musik und Dichtung war das Band, das die Freunde aneinander knüpfte. Im Hause des Gerichtsrats Pinder fand Nietzsche eine große Bibliothek und der Vater seines Freundes machte ihn mit dem Werk Goethes vertraut. In der Familie Krug wurde intensiv Hausmusik gemacht, daneben verkehrten namhafte Musiker im Hause und Konzerte wurden gemeinsam besucht. Welche Bedeutung die Musik für den Jungen hatte, bewies der Traktat „Über Musik“ des vierzehnjährigen Nietzsche.
1851 verließen die drei Freunde die Knabenbürgerschule und besuchten in Vorbereitung auf das Domgymnasium bis 1854 ein Privatinstitut. Hier erhielten sie den ersten Unterricht in alten Sprachen, es wurde auch Religion unterrichtet. 1854 wechselten sie an das Naumburger Domgymnasium. Vier Jahre lang besuchte Friedrich Nietzsche diese Schule. Die Aura der Einsamkeit und Auserwähltheit bestimmte seine Schulzeit. Von 1858 bis 1864 besuchte er das Gymnasium Schulpforta bei Naumburg. Zu Nietzsches Zeit galt dieses Internat unter den höheren Schulen Deutschlands als erste Stätte wissenschaftlich fundierter und humanistischer Bildung. Einen herausragenden Stellenwert in Pforta hatte die intensive Ausbildung in den alten Sprachen und die musische Erziehung. Nietzsche war ein guter Schüler, nur in Mathematik zählte er nicht zu den Besten.
Nietzsche hatte in Pforta die Gelegenheit, Klavier zu spielen, er sang im Chor und komponierte. Die Zeit in Pforta war neben dem Schulstoff, den Nietzsche anscheinend ohne viel Aufwand bewältigte, mit Lektüre angefüllt, die mehr den eigenen Interessen folgte. Er führte ein geistiges, musisches Leben. Nietzsche legte in Pforta die Basis für sein umfangreiches literarisches Wissen, besonders der Klassiker. Er las nicht nur die antike Literatur und hier besonders Platon link* und Sallust link*, sondern auch Shakespeare, Byron link*, Petöfi link*, Jean Paul link*, Rousseau, Puschkin. Zeugnisse seines geistigen Fortschritts waren die 1862 verfassten Schriften „Fatum und Geschichte“ und „Willensfreiheit und Fatum“. Er griff das Christentum an und kam auf den Atheismus zu sprechen. Klar ausgedrückt war auch der Hass auf die Idee der Gleichheit der Menschen. 1860 gründeten die Freunde den künstlerisch-literarischen Verein Germania, wo sie ihre eigenen selbstgeschaffenen Werke auszutauschten. 1863 war die Germania aufgelöst. 1864 endete Nietzsches Schulzeit mit der erfolgreich abgeschlossenen Reifeprüfung.
Danach folgte das Studium der Theologie und klassischen Philologie. Seit Bonn entschied sich Nietzsche für das Studium der Philologe und plante das Studium in Leipzig. Bereits 1865 lud Professor Ritschl Nietzsche und seine Kommilitonen zu einer Abendgesellschaft ein und schlug vor, einen philologischen Verein zu gründen. Schon in der zweiten Sitzung hiet Nietzsche seinen ersten Vortrag. Dieser Vortrag wurde an die Zeitschrift „Rheinisches Museum für Philologie“ geschickt und 1867 unter dem Titel „Zur Geschichte der Theognideischen Spruchsammlung“ veröffentlicht. 1867/68 wurde er in den erlesenen Zirkel der „Societas philologica“ aufgenommen. Für die Arbeit über Doxographen Diogenes Laertius link* wurde Nietzsche der Preis zugesprochen. Nietzsche wurde in Leipzig nicht nur als Philologe geboren, sondern entwickelte sich zu einem Philosophen.
Im Oktober 1867 wurde Nietzsche als Einjähriger Freiwilliger in Naumburg Soldat bei dem Feld-Artellerie-Regiment. Nach dem Sturz von einem Pferd bekam er einen langen Krankenhausaufenthalt und kehrte bald zu seinem letzten und so folgenreichen Semester nach Leipzig zurück. Bis zu seiner Abreise an die Universität Basel als Doktor und außerordentlicher Professor der Philologie im Frühjahr 1869 vergingen fast drei Jahre. Für Nietzsche war die Zeit in Leipzig aus verschiedenen Gründen von entscheidender Bedeutung. Man erkannte die philologische Begabung Nietzsches, hier lernte Nietzsche das Werk des Philosophen Arthur Schopenhauer kennen, hier begenete er dem Komponisten Richard Wagner und fand in Erwin Rohde einen klugen und treuen Freund. Im Mai 1869 hielt Nietzsche seine Antrittsrede an der Universität Basel über „Homer und die klassische Philologie“. Mit der Übernahme der Professur war die Pflicht verbunden, am Gymnasium, dem so genannten Pädagogium, sechs Wochenstunden Griechischunterricht zu geben. Diese doppelte Pflicht war für Nietzsches geistige Entwicklung wichtig. Das alltägliche Leben wurde ihm während der Baseler Jahre durch die Dienste seiner Schwester Elisabeth erleichtert.
Mit seiner Schwester reiste er im Frühjahr 1871 erstmals nach Italien, nach Lugano in den Tessin. Wesentlichen Anteil am Zustandekommen des Erstlings „Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“ hatte Richard Wagner, mit dem Nietzsche das Werk eingehend besprach und zweifellos hatten viele musikästhetische Gedanken Wagners und philosophische Gespräche mit ihm über Schopenhauer ihren Platz in Nietzsches Werk gefunden. Die Schrift begann mit einem Vorwort an Richard Wagner, der schließlich dafür sorgte, dass Nietzsches „Geburt der Tragödie“ in Leipzig verlegt wurde, dort, wo auch seine eigenen Schriften erschienen. Neun Jahre dauerte der persönliche Kontakt zwischen Nietzsche und Wagner. Nietzsche nahm am zunehmenden Erfolg Wagners beim Aufbau der Festspiele in Bayreuth link* lebhaft teil, schrieb mit „Richard Wagner in Bayreuth“ (1876) die vierte “Unzeitgemässe Betrachtung” und den „Mahnruf an die Deutschen“ (1873), einen flammenden Aufruf zur Unterstützung des Bayreuther Projekts. Ein wichtiges Datum der wachsenden Entfremdung war eine lebhafte Auseinandersetzung über Brahms link*. Nietzsche, der einen Klavierauszug des Triumphliedes von Brahms nach Bayreuth mitbrachte und ihn vor Wagner lobte, wurde nach heftigem Wortwechsel des Hauses verwiesen. Das letzte persönliche Treffen fand 1876 in Sorrent statt. In der ideologischen Auseinandersetzung über Nietzsches „Menschliches/Allzumenschliches“ und Wagners Oper „Parsifal“, endete 1878 das Verhältnis.
1870, zu Beginn des Krieges, wurde die Beurlaubung Nietzsches für den Sanitätsdienst bewilligt, obwohl Nietzsche "lieber als Krieger mitgegangen wäre". Nach einer kurzen Sanitätsausbildung in Erlangen, musste Nietzsche schließlich zum Kriegsschauplatz in den Elsaß. Bei einem Verwundetentransport erkrankte Nietzsche. Bis Mitte September wurde er in Karlsruhe und Erlangen behandelt und verbrachte die Rekonvaleszenz in Naumburg bei seiner Mutter. Sein gesundheitlicher Zustand ließ es nicht zu, dass Nietzsche noch einmal zum Kriegschauplatz zurückkehrte, obwohl er das, wie er schrieb, gerne wünschte. Ende Oktober kam Nietzsche wieder nach Basel. Im Verlauf der nächsten Monate schon stand Nietzsche dem ganzen Krieg zunehmend skeptisch gegenüber, später hatte er den Sieg Deutschlands gegen Frankreich sogar als Ausgangspunkt einer von Selbstzufriedenheit und Saturiertheit geprägten deutschen Unkultur interpretiert.
Nietzsche veröffentlichte das erste Stück der „Unzeitgemässe Betrachtung“ unter dem vollen Titel „David Strauß - Der Bekenner und der Schriftsteller“ im August 1873. Ein halbes Jahr nach der ersten „Betrachtung“ erschien das zweite Stück unter dem Titel „Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben“, eine Abrechnung mit der übermäßigen Beschäftigung mit der Geschichte auf Kosten des Lebens. Der dtitte Teil „Schopenhauer als Erzieher“ erschien im Oktober 1874. Nietzsche ging es nicht um die Philosophie Schopenhauers, er zeichnete seinen Idealtypus des genialen Denkers, der sich seiner überzeitlichen und individuellen Größe stets bewusst ist. Die vierte und letzte „Unzeitgemässe Betrachtung“ über „Richard Wagner in Bayreuth“ erschien erst im Juli 1876.
Am 2. Mai 1879, genau 10 Jahre nach Antritt seiner Professur, richtete Nietzsche offiziell sein Entlassungsgesuch. Der Abschied von Basel kam kaum unerwartet. Das Hauptmotiv war Nietzsches Gesundheitszustand, der sich mit den Jahren stets verschlimmerte und ihn immer wieder zu Unterbrechungen seiner Vorlesungs- und Unterrichtstätigkeit zwang. Mitte Oktober 1878 begann Nietzsches letztes akademisches Semester. Am 14. Juni erteilte der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt Friedrich Nietzsche die Entlassungsurkunde. Nietzsches, der nun 35 Jahre alt war, erhielt eine Pension von 3000 Franken pro Jahr.
Er lebte zunächst zurückgezogen in verschiedenen Alpenkurorten. Nach dem Weggang aus Basel verschlimmerte sich Nietzsches physischer Gesundheitszustand. Besonders häufig klagte Nietzsche über das Gefühl, einsam zu sein. Das erste Werk, dass der schwerkranke Nietzsche aus seiner Einsamkeit mitbrachte, entstand 1879. Nietzsche erwähnte es zunächst unter dem Titel „St. Moritzer Gedanken-Gänge“, später erhielt es den programmatischen Titel „Der Wanderer und sein Schatten“ - Nietzsche versammelte 350 menschliche Gedanken in Aphorismenform. Dieses Werk, das 1880 erschien, nahm Nietzsche 1886 in die zweite erweiterte Auflage von „Menschliches - Allzumenschliches“ auf.
Im Juni 1880 reiste Friedrich Nietzsche in den Kurort Marienbad - hier verbrachte er, incognito "als Lehrer aus Naumburg" in der Fremdenliste geführt, den Sommer. Im März 1882 wurde er auf der Rückfahrt von Sizilien von Malwida von Meysenbug nach Rom eingeladen, dort traf er die Russin Lou von Salomé link*, die ihm ein "zweites Dasein" schenkte. Diese Beziehung dauerte bis November 1882. Lou von Salomé bestand auf ihrer Selbständigkeit. Nietzsche flüchtete nach Genua, kurz darauf nach Rapallo, wo er den Winter verbrachte.
Durch Krankheit und ständiges Unterwegssein konnte Nietzsche seine Gedanken nicht kontinuierlich ausarbeiten. Statt dessen entstanden kurze Aufzeichnungen, Notizen, Aphorismen und fragmentarische Essays. Nietzsche überarbeitete diese Fragmente für seine Veröffentlichungen. Dies wurde auch für seine Werke „Morgenröthe“ (1881) und für „Die fröhliche Wissenschaft“ (1882) das maßgebliche schriftstellerische Verfahren Nietzsches sein.
1881 notierte sich Nietzsche in Sils Maria im Zusammenhang mit einem geplanten Werk „Mittag und Ewigkeit“ erstmals den Namen Zarathustra. Die Umrisse der Figur Zarathustra traten erstmals im letzten Aphorismus der ersten Ausgabe der „Fröhlichen Wissenschaft“ (1882) ans Licht. Seinem Werk „Zarathustra link*“ fügte er schon im ersten Titelentwurf die programmatische Widmung „Ein Buch für Alle und Keinen“ bei. In Gleichnissen, orakelnden Reden und symbolischen Figuren offenbarte sich eine neue antichristliche Heilslehre. Nietzsche dichtete den ersten Teil des „Zarathustra“ Ende Januar 1883 in Rapallo innerhalb weniger Tage. Seinem Verleger kündigte Nietzsche sein Werk schon im Februar 1883. Mit dem Werk „Also sprach Zarathustra“ schuf sich Nietzsche den einzigen noch offenstehenden Fluchtweg aus einer ausweglosen inneren Verfassung. Im „Zarathustra“ formuliert Nietzsche in wenigen Worten das Motto, das über den ganzen letzten Lebensjahren Nietzsches stehen könnte: "Was liegt am Glücke! antwortete er [Zarathustra], ich trachte lange nicht mehr nach Glücke, ich trachte nach meinem Werke." 1885 veröffentlichte er dieses Werk als Privatdruck in einer Auflage von 45 Exemplaren.
Im Sommer 1885 erschienen Notizen für ein neues Werk. Gleichzeitig plante er die Neuauflage von „Menschliches-Allzumenschliches“ und schrieb für dieses Werk ein neues Vorwort. Den Winter darauf verbrachte Nietzsche in Nizza. Hier entstand schließlich sein Buch „Jenseits von Gut und Böse - Vorspiel einer Philosophie der Zukunft“. Nietzsche verkaufte von 'Jenseits von Gut und Böse' zu Lebzeiten gerade 114 Exemplare. Nach dem „Zarathustra“ entstand 1887 die „Genealogie der Moral“. Er arbeitete intensiv an dem Werk, das erst nach seinem Tod unter dem Titel „Der Wille zur Macht“ veröffentlicht wurde. Spätestens in der zweiten Hälfte des Jahres 1888 mehrten sich die Anzeichen von Größenwahn und Selbstverherrlichung, und doch entstanden „Götzendämmerung“, „Der Antichrist und Ecce homo“, sicherlich eine der seltsamsten Autobiographien, die jemals geschrieben wurden.
Der endgültige Zusammenbruch kam im Januar 1889 in Turin. Sein Freund Overbeck holte ihn ab und brachte ihn in die Nervenklinik von Basel, wo der Arzt eine progressive Paralyse diagnostizierte. Am 26. November 1889 wurde Friedrich Nietzsche entmündigt. 1890 erhielt die Mutter die Erlaubnis, den Sohn bei sich aufzunehmen und zu pflegen. Seine Anfälle häuften sich nun, so dass ab 1893 sogar die Spaziergänge durch Naumburgs Umgebung eingestellt wurden. Schon 1892 setzten sich bereits zwei Duzend Artikel oder Bücher mit Nietzsches Person und Philosophie auseinander. Heinrich Köselitz, der bewundernde Freund Nietzsches, begann eine erste Gesamtausgabe des Werkes in die Tat umzusetzen.
Bis 1897 lebte der umnachtete Nietzsche bei der Mutter, nach ihrem Tod nahm ihn seine Schwester zu sich nach Weimar. Dort starb Nietzsche am 25. August 1900. Am 27. August fand im Archiv am offenen Sarg eine erste Trauerfeier statt, bei der Musik von Brahms und Palestrina gespielt wurde. Drei Tage nach seinem Tod in Weimar fand 1900 die Bestattung Friedrich Nietzsches in Röcken im Schatten der Dorfkirche neben dem Grab seines Vaters und Bruders statt.