Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien als Sohn des wohlhabenden jüdischen Textilfabrikanten Moritz Zweig und dessen Frau Ida geboren. Der Vater stammte aus Mähren, die Mutter gehörte zu einer über die ganze westliche Welt verstreuten Bankiersfamilie. Ab 1892 bis 1900 besuchte Stefan Zweig das Gymnasium, das ihn langweilte, weil auf individuelle Interessen überhaupt nicht eingegangen wurde. Bereits in diesem Alter begeisterte er sich für Literatur und schwärmte für Hugo von Hofmannsthal. Als Gymnasiast besuchte er gemeinsam mit seinen Freunden die Wiener Kaffeehäuser, um Neuigkeiten von der Kunst- und Literaturszene zu erfahren. Er kaufte sich eine Wohnung in Wien und später in Berlin. Das 1900 in Wien begonnene Germanistik- und Romanistik-Studium schloss er 1904 in Berlin ab. Er promovierte 1904 mit einer Arbeit über „Die Ursprünge des zeitgenössischen Frankreich“ in Wien zum Dr. phil.
Bereits seit seinem Jugendalter schrieb er Gedichte, mit 19 Jahren veröffentlichte er seine erste Lyriksammlung „Silberne Saiten“. Es war der Beginn seines literarischen Erfolgs. 1904 erschien der erste Novellenband „Die Liebe der Erika Ewald“, 1906 der Band „Frühe Kränze“. Bald nach dieser Veröffentlichungen galt Zweig als etablierter Schriftsteller. Regelmäßig war er außerdem als Journalist für das Feuilleton der Wiener „Neuen Freien Presse“ tätig, er übersetzte Werke fremdsprachiger Schriftsteller ins Deutsche und verbrachte seine Freizeit im Café Griensteidl, dem Zentrum der damaligen Literatenszene. Mit der journalistischen Arbeit sicherte er sich ein Einkommen. Die finanzielle Freiheit nutzte Zweig, um Kontakte zu anderen Schriftstellern zu pflegen und weite Reisen nach Amerika und Afrika zu unternehmen. Zur großen Begeisterung Zweigs wurde zu dieser Zeit das Sammeln von Autographen berühmter Persönlichkeiten, eine Leidenschaft, die der Grundstein für seine Freundschaft mit Anton Kippenberg war. Der Gründer des Insel-Verlags
link* gab auch Zweigs Werke heraus.
Vor dem Ersten Weltkrieg unternahm Stefan Zweig viele Reisen. Er besuchte Belgien, Holland, Frankreich, England, Italien, Spanien, Indien, Nordafrika und Amerika. In Paris begegnete er Rainer Maria Rilke. Bei einer russischen Bildhauerin in Florenz entdeckte er ein Buch von Romain Rolland, begeisterte sich für dessen europäische Haltung und schrieb ihm. Es war der Beginn einer jahrzehntelangen Freundschaft. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs meldete sich der Schriftsteller freiwillig zum Militärdienst und wurde dem Kriegsarchiv zugeteilt. Erst eine Fahrt in das zerstörte Kriegsgebiet, die er in offiziellen Auftrag 1915 machte und ein längerer Kontakt mit schwer verletzten Soldaten in einem Lazarettzug, zeigte ihm die Inhumanität des Krieges und bewirkte einen nachhaltigen Umschwung in seinem Denken und Handeln. Er nutzte nach dem Krieg seinen internationalen Erfolg und seine Publikationsmöglichkeiten, um für Humanismus und Pazifismus zu plädieren.
In den letzten zwei Jahren des Ersten Weltkriegs begann auch seine erstaunliche literarische Produktivität. Er schrieb sein erstes Werk gegen den Krieg, das Drama "Jeremias", welches 1917 erschien. In diesem Werk stellte er die Perspektive des Besiegten in den Mittelpunkt und entdeckte die moralische Kraft derer, die mit ihrem verlorenen Kampf ein Zeichen für die positiven Ideale der Menschheit setzen. Bereits während des Ersten Weltkriegs erwarb Stefan Zweig in Salzburg ein Jagdschlösschen, hielt sich aber die meiste Zeit in der Schweiz auf. Dort stand er in engem Kontakt mit Romain Rolland und James Joyce
link*.
Zu seinem persönlichen Freundekreis zählte Stefan Zweig Émile Verhaeren
link*, Sigmund Freud, Arthur Schnitzler
link* und Maxim Gorki. Von besonderer Bedeutung war sein Talent, Freundschaften zu begründen und zu pflegen. Hermann Hesse nannte ihn einen "Meister der Freundschaft", der einen intensiven brieflichen Austausch mit den führenden Intellektuellen Europas hatte, aus dem ein privater Schriftverkehr resultierte, von dem mehr als 20.000 Briefe erhalten sind. 1919 kehrte er in das zerstörte und demoralisierte Österreich mit der Hoffnung zurück, die Menschen nach dem Krieg zu einem europäischen, friedlichen Neuanfang anzuregen.
Nach dem Krieg heiratete Zweig die geschiedene Friderike Maria von Winternitz, die er bereits seit 1914 kannte. Gemeinsam mit ihr und deren beiden Kindern aus der ersten Ehe bezog er ein kleines Schlösschen am Stadtrand Salzburgs. Dieses Schlösschen wurde in den Jahren nach Kriegsende von vielen namhaften Schriftstellern besucht, auch wegen der alljährlich stattfindenden Salzburger Festspiele. Zu den Gästen zählten unter anderem auch Thomas Mann, James Joyce und Richard Strauss.
Der literarische Erfolg Zweigs wurde immer größer. Zahlreiche Novellen erschienen, die zum Teil verfilmt wurden. Außerdem veröffentlichte er weitere Übertragungen aus dem Französischen sowie seine ‚historischen Miniaturen’ „Sternstunden der Menschheit“, drei Essaybände über „Baumeister der Welt“ und Monographien über Romain Rolland und Frans Masereel
link*. Seine Theaterstücke wurden aufgeführt und 1931 übernahm er die Nachfolge Hugo von Hofmannsthals als Librettist für Richard Strauss. Das elisabethanische Drama Ben Jonsons
link* „Die schweigsame Frau“ diente als Vorlage für die Oper. Insgesamt hat er nahezu fünfzig Werke, vor allem zeitgenössischer Autoren, herausgegeben, übersetzt oder eingeleitet. Einen wichtigen Einfluss auf das Geistesleben hatte er zudem durch seinen Vorschlag an den Insel-Verlag, der sein Werk bis 1933 verlegte, die äußerst erfolgreiche "Bibliotheca Mundi" herauszubringen, für die er selbst zeitweise als Herausgeber fungierte. 1928 folgte Stefan Zweig einer Einladung anlässlich des 100. Geburtstags von Leo Tolstoi und hielt sich zwei Wochen lang in Russland auf.
Zweigs internationaler Ruhm machte ihn während der zwanziger Jahre zum meistübersetzten Schriftsteller seiner Zeit. Die Zeitspanne vor dem Jahr 1932 bedeutete den Höhepunkt seines schriftstellerischen Erfolgs. Großen Erfolg hatten seine von Sigmund Freuds Werk inspirierten „Charakterstudien“, in denen er soziale und erotische Tabus dieser Zeit wie Untreue, erotische Obsessionen und Homosexualität („Angst“, „Amokläufer“, „Verwirrung der Gefühle“ „24 Stunden im Leben einer Frau“) thematisierte. Manche der Aussagen Zweigs zu Beginn der dreißiger Jahre sprachen dafür, dass er sich der zunehmenden Bedrohung durch den Faschismus in keiner Weise bewusst war.
1933 wurde die Situation für ihn aufgrund der jüdischen Wurzeln seiner Familie prekär. Als jüdischer Schriftsteller blieb ihm ab 1933 der deutsche Literaturmarkt verschlossen und seine Bücher erschienen auf der „schwarzen Liste“. Am 10. Mai wurden sie öffentlich verbrannt, zusammen mit den Werken Heinrich Heines, Albert Einsteins und seines Freundes Romain Rolland. Zweig zog mit seiner Frau von Salzburg nach England, wo sie zuerst in London, dann in Bath wohnten. In London arbeitete er intensiv an seiner Biographie über die Schottenkönigin Maria Stuart. Während des englischen Exils entstand auch sein einziger Roman „Ungeduld des Herzens“. Er kehrte von nun an nur noch zu Besuch nach Salzburg zurück, auch um geschäftliche Angelegenheiten über die Herausgabe seiner Werke zu klären. Da er sich in der Zwischenzeit vom Insel Verlag getrennt hatte, erschien seine Biographie über Erasmus von Rotterdam, in der er versuchte, seine Gegenposition zum Nationalsozialismus darzustellen und seinen humanistischen Pazifismus sowie seine kosmopolitische Einstellung zu verteidigen, im Reichner-Verlag
link* in Wien.
Er hielt an seiner Meinung fest, ein Schriftsteller darf keine einseitigen politischen Positionen vertreten, aus diesem Grunde vermied er, sich in der Öffentlichkeit gegen das Regime Adolf Hitlers auszusprechen. Auch noch während seiner Rede im Rahmen des PEN-Kongresses 1937 betonte er, trotz der Schärfe der politischen Verhältnisse müsse
„die Unberührbarkeit der dichterischen Aufrichtigkeit unversehrt bestehen bleiben.“ Von besonderer Wichtigkeit waren in diesem Zusammenhang seine Biographien über Erasmus von Rotterdam und Castellio
link*, einem Gegenspieler zu Calvin. Beide Bände hatten großen Erfolg in der internationalen Öffentlichkeit und beeindruckten seine Schriftstellerkollegen sehr. Diese Werke hatten ihren Aktualitätsbezug dadurch, dass sie auch als Parabel über den notwendigen Kampf gegen Faschismus und Unrecht gelesen werden konnten. Und er hatte erneut zwei Helden ausgewählt, die sich keiner politischen Gruppierung anschlossen, sondern allein den Kampf mit den Waffen des Geistes gegen skrupellose Machtpolitiker aufnahmen, auch wenn sie ahnten, dass sie diesen Kampf nie gewinnen konnten.
Er reiste nach Nord- und Südamerika, hielt Vorträge und gab Lesungen. Wegen einer Affäre mit seiner Privatsekretärin Lotte Altmann ging Stefan Zweigs erste Ehe in die Brüche. 1938 vermählte sich Stefan Zweig mit dieser Frau. Das Paar heiratete kurz vor Beginn des Krieges und bezog ein Haus in der englischen Kleinstadt Bath, wo Zweig mit der Niederschrift seiner Lebenserinnerungen „Die Welt von Gestern“ begann. Nach dem Verlust seiner österreichischen Staatsangehörigkeit bat er in England um einen Pass für Staatenlose. Als die Deutschen Polen überfielen und die britische Regierung deshalb dem Deutschen Krieg den Krieg erklärte, wurde Stefan Zweig vom Staatenlosen zum „enemy alien“. Als sich die Kriegserfolge der Nationalsozialisten mehrten, beantragte das Ehepaar Ausreisegenehmigungen. Nur mit Mühe erhielten sie zwei Plätze dritter Klasse auf einem Dampfer nach New York.
Anknüpfend an eine Vortragsreise durch Nordamerika verbrachte Zweig den Sommer 1941 in Ossining/New York. Hier traf er zum letzten Mal seine ehemalige Frau Friderike, bevor er und Lotte nach Brasilien fuhren und sich in der Kleinstadt Petropolis niederließen. Hier verfasste er das Werk „Brasilien. Ein Land der Zukunft.“ Erschüttert verfolgte er aus Brasilien das Geschehen in Europa mit. Sein nostalgischer Blick auf die Vorkriegsvergangenheit in den
Lebenserinnerungen verdeutlicht, wie sehr Zweig während des Exils den Verlust seiner Heimat beklagte.
Stefan Zweigs letztes Buch, die „Erinnerungen eines Europäers“, erschien nach seinem Tode unter dem kennzeichnenden Titel „Die Welt von Gestern“. In Petropolis entstand auch Zweigs erfolgreichstes und bis heute meistgelesenes Werk, die „Schachnovelle“, die seinen Pessimismus angesichts der Ereignisse in Europa zum Ausdruck brachte. Dem Einreichen des Manuskripts bei seinem Verleger folgte die Entscheidung über das Ende seiner schriftstellerischen Karriere. Zweig schrieb einen Abschiedsbrief, in dem er angab
„aus freiem Willen und mit klaren Sinnen“ sein Leben zu beenden,
„durch die langen Jahre heimatlosen Wanderns erschöpft.“
Am 22. Februar 1942 nahmen sich der 60jährige Zweig und seine Frau Lotte durch die Einnahme des Schlafmittels Veronal das Leben. Obwohl er es in seinem Testament abgelehnt hatte, erhielt er ein Staatsbegräbnis in Brasilien, und es gab einen spontanen Trauerzug mit tausenden von Menschen anlässlich seiner Beerdigung.