Am 6. Mai 1856 wurde Sigmund Freud als Sohn vom Wollkaufmann Kallamon Jacob Freud, einem orthodox erzogenen patriarchalischen Juden, und dessen Frau Amalia im mährischen Freiburg geboren. Freud hatte eine katholische Tschechin als Kinderfrau, sie erzählte ihm von Himmel, Hölle und Strafen und besuchte mit ihm katholische Messen. Später wurde Sigmund Freud Atheist, obwohl er immer wieder betonte, dass sein Judentum für ihn wichtig sei. Im Alter von 3 Jahren zog er mit seiner Familie nach Leipzig, einige Monate später nach Wien.
1873 schloss er mit Auszeichnung die Schule ab. Im Gymnasium war er stets Klassenbester und hatte wenige nicht-jüdische Freunde. Zunächst beschloss Freud, Jura zu studieren, entschied sich jedoch letztendlich für das Studium der Medizin, wobei er sich besonders mit dem Zentralnervensystem beschäftigte. Seit 1876 arbeitete er im physiologischen Labor von Ernst Wilhelm Ritter von Brücke* und betrieb hirnanatomische Studien bei dem Hirnpathologen Theodor Meynert.
1879 leistete Freud seinen einjährigen Militärdienst ab. 1880 lernte er Martha Bernays kennen und verlobte sich mit ihr. Aufgrund finanziellen Drucks entschloss sich Freud, die geplante Karriere als Wissenschaftler aufzugeben und sich auf die Eröffnung einer Privatpraxis vorzubereiten. Mit 25 Jahren wurde Freud Doktor der Medizin mit der Doktorarbeit "Über das Rückenmark niederer Fischarten". Freud konnte als Jude weder eine Praxis öffnen, noch eine Universitäts-Laufbahn einschlagen; Labortätigkeit konnte sein Auskommen kaum sichern. Auf Brückes Anraten übernahm er 1882 bis Sommer 1885 die Arbeit als Assistent am Wiener Allgemeinen Krankenhaus, hauptsächlich in der Neurologie.
1884-1887 entdeckte Freud die Wirkung des Kokains. Die Studie über das Kokain erschien nach Selbstexperimenten. Der Versuch, einen morphiumsüchtigen Freund mit Kokain zu heilen, misslang. 1885 bekam Freud ein Wiener Stipendium und unternahm eine Studienreise nach Paris. In Paris erhielt er bei Jean-Martin Charcot* Anschauungsunterricht über hysterische Fälle und die Auswirkung von Hypnose und Suggestion. Während seiner Studienaufenthalte in Paris und Nancy begann sich Freuds Interesse gänzlich auf Erkrankungen ohne organischen Befund zu richten. Dort lernte Freud den Arzt Josef Breuer* kennen. Gemeinsam erfanden sie die "Sprechtherapie", die praktisch eine Vorstufe der Psychoanalyse (Analyse von der Untersuchung und Behandlung psychischer Störungen und Krankheiten) darstellte. Im September erhielt Freud eine Dozentur für Neuropathologie an der Universität Wien.
1886 ließ sich Feud in Wien als Arzt und Leiter der neurologischen Abteilung im Ersten Öffentlichen Kinder-Krankeninstitut nieder. In demselben Jahr heiratete er Martha Bernays. Das war eine glückliche Ehe mit drei Söhnen und drei Töchtern. Das Familienleben war ein Gegenpol zu seinen beruflichen Schwierigkeiten, die hauptsächlich auf Antisemitismus beruhten. Nach 5 Jahren zogen sie in eine neue Wohnung, wo er die nächsten 47 Jahre verbrachte.
1886 öffnete Freud eine Praxis für Neurologie. Zusätzlich zur Elektrotherapie setzte Freud 1887 zunehmend die Hypnose ein. 1897 "entdeckte" Freud auch den Ödipuskomplex* und die Macht von Phantasien. 1890 erschien die "Neurosentheorie": Hinter Neurosen verbergen sich aktuelle oder frühere Sexualstörungen, d.h. sexuelle Phantasien gestalten sich zur Neurose. Freud untersuchte das Sexualleben seiner Patienten, was ihn in Wien noch unbeliebter machte.
Mit dem im Jahre 1900 veröffentlichten Werk „Die Traumdeutung“ legte Freud die Grundlagen der analytischen Psychologie. Ausgehend von der Annahme, dass menschliche Handlungen von unterdrückten und verdrängten Trieben beeinflusst werden, will laut Freud die Psychoanalyse die hinter Handlungen, Worten und Bildern verborgenen unbewussten Bedeutungen entschlüsseln, um den Menschen zu heilen. Wichtige therapeutische Mittel sind dabei die Traumdeutung und das freie Assoziieren des Patienten. 1893 veröffentlichte Freud gemeinsam mit Joseph Breuer die "Vorläufige Mitteilung", die zwei Jahre später als einleitendes Kapitel zu den "Studien der Hysterie" nachgedruckt wurde. Die "Studien der Hysterie" bildeten den Höhepunkt und zugleich das Ende der engen Zusammenarbeit mit Joseph Breuer.
Von 1902 bis 1938 lehrte Freud zuerst als Privatdozent und dann als Professor für Neuropathologie an der Wiener Universität. Die Psychoanalyse wurde in psychischen und medizinischen Kreisen anerkannt. Ab 1908 begann die Zusammenarbeit mit C. G. Jung und bereits 1912 entstanden erste Spannungen in ihren Verhältnissen. Zu Freuds Schülern gehörte außer Jung Alfred Adler, beide kritisierten später die Theorien ihres Lehrers und entwickelten eigene psychologische Anschauungen. Seine Schrift „Totem und Tabu“ (1913) verstand Freud als den Versuch, „Gesichtspunkte und Ergebnisse der Psychoanalyse auf unerklärte Probleme der Völkerpsychologie anzuwenden“. 1913 beteiligte sich Freud an dem Psychoanalytischen Kongress in München, 1918 am Psychoanalytischen Kongress in Budapest, wo es um die Behandlung der Kriegsneurosen ging. Von geplanten zwölf metapsychologischen Abhandlungen erscheinen 1915 nur drei: "Trieb und Triebschicksale", "Die Verdrängung" und "Das Unbewusste" .
Das Werk „Das Ich und das Es“, veröffentlicht im Jahre 1923, rechnete Freud zu seinen Spätschriften. Als Träger des Bewusstseins nimmt das Ich die Außenwelt wahr und ordnet die Sinneseindrücke. „Das Ich versucht, auf das Es, das Unbewusste und Träger der menschlichen Triebe, einzuwirken und zwischen dem Es und den Anforderungen der Außenwelt zu vermitteln. Das Ich repräsentiert, was man Vernunft und Besonnenheit nennen kann, im Gegensatz zum Es, welches die Leidenschaft enthält“. Das Über-Ich ist für Freud der Träger der „höheren“ Werte des Menschen (Moral, auferlegte Normen, Gewissen, Pflicht u.a).
Im Jahre 1930 wurde Freud mit dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet. 1932 begann der Briefwechsel mit Albert Einstein über das Thema "Warum Krieg?". Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wurden 1933 auch Freuds Werke als "jüdische Pornographie" verbrannt, und er selbst musste nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich flüchten. 1938 emigrierte Sigmund Freud zusammen mit seiner Tochter Anna Freud nach London.
Bis zu seinem Tod unterzog er sich über dreißig Operationen, die ihn jedoch nicht heilen konnten. 1939 Freud bat seinen Hausarzt um eine Überdosis Heroin, weil er wegen der offenen Wunden nur noch unter einem Moskitonetz schlafen kann. Am 23. September starb Sigmund Freud in seinem Londoner Wohnsitz drei Wochen nach Beginn des zweiten Weltkriegs.
Freuds Theorie, die er auf alle geistig-kulturellen Bereiche ausweitete, hatte enormen Einfluss auf nahezu alle Human- und Geisteswissenschaften, ist in der Fachwelt aber auch heftig umstritten. 1971 wurde in seiner Wohnung in Wien ein Museum eingerichtet.